• Titelbild Parkinson Journal

Multimodale Komplextherapie – Ein Tagebuch

Autor, Jürgen Zender

Eine der am meisten in den einschlägigen Parkinson-Foren und -Communities besprochenen Themen, ist die sogenannte Multimodale Komplextherapie. Wie läuft eine solche Therapie ab, wer ist Kostenträger, wer schreibt die Einweisung, wie lange dauert sie, ist sie für mich geeignet, welche Klinik ist in meiner Nähe, welche Klinik ist die Beste? Fragen über Fragen.

Meine Therapie fand in der Passauer Wolf Fachklinik in Bad Gögging statt und ich hoffe, dass Euch mein Tagebuch einen profunden Einblick in den Alltag einer solchen Behandlung gibt

Foto: Passauer Wolf, berliberlinski

 

Die erste Woche

Es ist gerade mal 2 Jahre her, dass man bei mir mehr zufällig das sogenannte idiopathische Parkinson-Syndrom entdeckt hat und seitdem hat sich sehr viel in meinem Leben geändert. Obwohl meine motorischen Einschränkungen noch sehr moderat sind – will heißen unangenehm, aber auszuhalten – plagen mich Stimmungsschwankungen, Gleichgewichtsstörungen, Obstipation (klingt schöner als Verstopfung), Gedächtnis- und Konzentrationsdefizite und extreme Stressanfälligkeit. Besonders betrüblich empfinde ich meine Sprachprobleme, die sich durch verwaschene Aussprache, raue und oft in der Tonhöhe kippende Stimme und Verlangsamung meines Sprechens bemerkbar machen. Aus einem wortgewandten, eloquenten Dampfplauderer ist in nur 2 Jahren ein eher wortkarger Zuhörer geworden. Wobei ich nicht ausschließen will, dass mein nahes Umfeld meine verbale Zurückhaltung durchaus zu schätzen weiß 😉.

Sprache und Schlucken hängen offensichtlich zusammen, ein sich Verschlucken und heftiges Abhusten ist damit an der Tagesordnung. Zu Hause eher harmlos, löst es im Restaurant in Corona-Zeiten allerdings ein kollektives Maskenaufsetzen aus.

Meinen Neurologen, den ich sehr schätze, sehe ich im Schnitt alle 3-4 Monate. Bei einer nur sehr langsam fortschreitenden Krankheit sollte das eigentlich genügen. Aber die Krux ist, dass es in der Behandlung keinen Goldstandard gibt. Aufhalten oder verlangsamen kann man die Degeneration der Nervenzellen in der sog. Substantia Nigra im tiefen Hirnbereich nicht. Man kann aber sehr wohl etwas gegen die Symptome unternehmen. Dann ist ja gut!? Mitnichten, denn jeder Patient hat seinen eigenen Parkinson, jeder seinen ganz speziellen Strauß aus Symptomen.

Dem gegenüber stehen jetzt eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten: Unzählige Medikamente mit z.T. unterschiedlichen Wirkungsstrategien, mit Wechselwirkungen untereinander, die nicht vorhersagbar sind. Mit Nebenwirkungen, die es geradezu verbieten, den Beipackzettel zu lesen – die lesen sich nämlich meist schlimmer als die Symptome, die man gerade hat.

Dazu kommen Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie, Wandern, Radfahren, PingPong, Massagen, LSVT Loud, LSVT Big, Thai Chi, Tiefe Hirnstimulation … Die Reihe ist beliebig erweiterbar.

Der Neurologe sucht jetzt den genau passenden Punkt in einem 5-dimensionalen Raum aus Medikament, Bewegungstherapie, Operation, passendem Zeitpunkt und geeigneter Menge.

Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass Einstein sich schon mit dem 3-dimensionalen Raum schwertat und ihn krümmen musste, damit seine Formeln aufgingen.

Zurück zum Neurologen, wie löst er das Problem?

Fall 1:
Er hat einen Patienten vor sich, der intellektuell noch in der Lage ist, das Problem zu verstehen und an der Lösung mitzuwirken. Dann wird ihm sein Arzt einen kleinen Medikamentencocktail zusammenstellen, innerhalb derer er (der Patient) im Rahmen von Selbstversuchen, die beste Kombination per try and error rausbekommen soll. Er wird ihm empfehlen sich regelmäßig zu bewegen und verabschiedet ihn mit den Worten: „Meine Sekretärin wird in 3 Monaten einen neuen Termin mit Ihnen vereinbaren, dann sehen wir weiter. So zumindest war es bei mir und ich war nicht unzufrieden damit. Wenn ich meine Versuchsanordnung verändert habe, genügte eine kurze Mail an meinen Neurologen und er bestätigte oder verneinte die Sinnhaftigkeit meines Vorhabens.

Da kann man mit Leben, oder?

Fall 2
Was aber, wenn der Patient intellektuell mit diesem Procedere überfordert ist und der nächste Termin erst in 3 Monaten stattfindet? Die Wirkung könnte ausbleiben oder schlimmer, die Symptome verschlechtern sich gar.
Die zahlreichen Hilferufe in den einschlägigen Facebook-Gruppen zeichnen ein erschreckendes Bild von den Nöten der Patienten und ihrer Angehörigen in solchen Situationen

Es liegt auf der Hand, dass in so einem komplexen Umfeld die Qualität des behandelnden Neurologen essentiell ist.

Daher mein Appell, besuchen Sie eine der zahlreichen Selbsthilfegruppen, werden Sie Mitglied in der deutschen Parkinson Vereinigung und nutzen Sie die Erfahrung Ihrer neu gewonnenen Leidensgenossen oder gar Freunde.

…und lassen Sie sich eine multimodale Komplextherapie verordnen!

Bevor ich jetzt die drei Wochen meiner Therapie in epischer Breite offenbare, drängt sich unweigerlich folgende Frage auf: Was um Himmels Willen ist eine multimodale Komplextherapie?

Bei einer Komplextherapie (ich lasse das „multimodale“ ab jetzt weg) erfolgen neben einer umfassenden ärztlichen Betreuung intensive Therapien über einen Zeitraum von zumeist zwei bis drei Wochen. Voraussetzung ist die Notwendigkeit eines stationären Krankenhausaufenthaltes, die Notwendigkeit diagnostischer Maßnahmen und der stationären schrittweisen Optimierung der medikamentösen Therapie. Das alles in Kombination mit weiteren therapeutischen Maßnahmen, wie Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie und psychologischer Betreuung. Die Parkinson-Komplexbehandlung sollte dann durchgeführt werden, wenn die Lebensqualität trotz umfassender ambulanter Maßnahmen eingeschränkt bleibt und wenn eine optimale Medikamenten-Einstellung ambulant nicht möglich ist.

Zwischenruf: Mittlerweile hat man erkannt, dass auch und gerade in frühen Stadien, eine Komplextherapie sinnvoll sein kann. Man muss also nicht erst warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist.

In einem multidisziplinären Team, bestehend aus Ärzten, spezialisiertem Pflegepersonal, Parkinson-Nurses und Therapeuten (Physiotherapie, Ergotherapie, Sprachtherapie, Neuropsychologie), werden gemeinsam mit dem Patienten individuelle Therapieziele und ein Behandlungsplan, der zu einer Verbesserung von Lebensqualität und Eigenständigkeit führen soll, erarbeitet Das Training erfolgt in täglichen spezialisierten Einzel- und Gruppentherapien.

Ergotherapie

Foto:Passauer Wolf, berliberlinski
Ein großer Bereich, der durch die Parkinson-Erkrankung beeinträchtigt wird, ist der Verlust von privaten und beruflichen Rollen, des Arbeitsplatzes, häuslicher Versorgung und Freizeitaktivitäten. Hier setzt die Ergotherapie an.

Zusammen mit dem Patienten werden die Bereiche “Aktivitäten des täglichen Lebens” (Waschen, Anziehen, Transfer, Einkaufen u.v.m.), “Produktivität” (Arbeit, ehrenamtliche Tätigkeit, Essen zubereiten) und “Freizeit” (soziale Freizeit, Sport, Hobbys) analysiert. Der Patient formuliert, was er nicht mehr kann, z. B. Waschen/ Anziehen, Staubsaugen oder Schreiben. Anschließend bewertet er, wie wichtig es ihm ist, diese Tätigkeit wieder ausüben zu können. Aufgrund dieser Ergebnisse werden die Schwerpunkte für die Behandlung festgelegt.

Diese Vorgehensweise macht die Therapie für die Patienten transparent und fördert ebenso das eigenverantwortliche Handeln. Die Patienten verstehen durch die gemeinsam erarbeitete Zielsetzung, wozu die Therapieübungen dienen und haben während ihres Aufenthaltes ihre Ziele die ganze Zeit klar vor Augen. So wird z. B. mit einem Patienten, der Probleme beim Anziehen hat, die Handlung “Anziehen” analysiert und Anpassungen (z. B. eine andere Technik zum Socken anziehen) erarbeitet. Ziel ist die selbständige Ausführung einer für den Patienten bedeutungsvollen Betätigung.

Wenn die Patienten z. B. Probleme im Bereich des Schreibens haben, wird der “Allensbacher Feinmotoriktest” durchgeführt. Die Art und Schwere der Beeinträchtigung kann hierdurch ermittelt werden. Die Ergotherapeuten passen daraufhin die Therapie so an, dass die beeinträchtigten Komponenten, die für eine korrekte Ausführung des Schreibens wichtig sind, gezielt geübt werden. Hierdurch wird der Patient befähigt, seine für ihn bedeutungsvolle Handlung wieder durchzuführen. Zusätzlich erhalten die Patienten ein feinmotorisches Eigentrainingsprogramm zur eigenständigen Durchführung.

Im Rahmen der Gruppentherapie wird unter anderem eine “Rhythmisch Akustische Stimulation” (RAS) durchgeführt. Unter RAS versteht man ein Bewegungstraining mit akustischer Stimulation mittels Musik, Klatschen oder dem Klicken eines Metronoms. Der RAS-Ansatz ist eine “Cueing”-Strategie. Der Begriff 2Cueing” kommt aus dem Englischen und beschreibt eine kontinuierliche akustische oder visuelle Stimulation für eine Aktivität. Hierzu wird innerhalb der Therapie ein Rhythmus erlernt, der zur Kompensation von Bewegungsstörungen beitragen soll. Zudem üben die Ergotherapeuten mit den Patienten das sogenannte “Finger-Tai Chi”. Die sich wiederholenden Übungen dienen u.a. der Verbesserung der Sensibilisierung sowie der Motorik und tragen gleichzeitig zur Entspannung bei.

Physiotherapie
Foto:Passauer Wolf, berliberlinski

Die Parkinson-Erkrankung verändert die motorischen Fähigkeiten. Besonders auffällig ist dies beim Gangbild. Die auftretende Kleinschrittigkeit und das nach vorn gebeugte Gehen sind häufige Ursachen von Stürzen. Um die Mobilität des Patienten zu erhalten oder auch zu verbessern, ist eine frühzeitige physiotherapeutische Behandlung, z. B. die Gangschule und Sturzprophylaxe, von großer Wichtigkeit. Der Einsatz von verschiedenen Hilfsmitteln wie z. B. Rollatoren ist hierbei ebenso förderlich.

In der Physiotherapie werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse in den Einzeltherapien berücksichtigt, unter anderem das Trainieren mit großen, ausladenden Bewegungen. Ein Schwerpunkt ist außerdem das Training von Gangsicherheit und Gleichgewicht, um eine Sturzneigung zu reduzieren. ausgerichtet ist.

Sprachtherapie

Foto:Passauer Wolf, berliberlinski

Bei einem Großteil der Parkinson-Patienten sind das Sprechtempo und die Lautstärke des Sprechens infolge der Erkrankung verändert. Parkinson-Patienten reden häufig leise, monoton und verlangsamt, zum Teil auch zu schnell, so dass die Artikulation ungenau wird und schlecht verständlich ist. Durch eine intensive Sprachtherapie können im Rahmen eines stationären Aufenthaltes Verbesserungen erzielt werden. Unter anderem wird eine Verbesserung der Sprachverständlichkeit über das Erhöhen der Sprechlautstärke angestrebt.

Im Verlauf der Parkinsonerkrankung werden viele Betroffene mit Beeinträchtigungen des Schluckaktes konfrontiert. Zu den typischen Schluckstörungen gehört eine verringerte Schluckfrequenz und Schwierigkeiten, den eigenen Speichelfluss zu kontrollieren. Durch die verringerte Zungenbeweglichkeit, das Nachlassen der Bewegungskraft im Rachen sowie zunehmende Schwierigkeiten in der Koordination aller beteiligten Schluckmuskeln, kann es zu Schwierigkeiten während der oralen Nahrungsaufnahme kommen. Bildgebende Diagnostikverfahren wie Röntgen und endoskopische Untersuchungen ermöglichen individuelle Behandlungen im Rahmen einer funktionellen Dysphagie-Therapie, die speziell auf die Bedürfnisse von Parkinson-Patienten ausgerichtet ist.

Neuropsychologie

Passauer Wolf, Foto Mayer Neustadt

Neuropsychologie

Zu einer Parkinson-Komplexbehandlung gehört immer eine Einschätzung des kognitiven und emotionalen Zustandes individueller durch eine neuropsychologische Untersuchung. In Abhängigkeit von den Ergebnissen wird ggf. ein Behandlungsplan zur Stabilisierung und Verbesserung der kognitiven Funktionen und / oder zur Unterstützung der Krankheitsverarbeitung erstellt. Die Behandlung erfolgt dann als Einzel- bzw. Gruppentherapie.

Es ist früh an einem Dienstag im August, draußen hat es angenehme 20 Grad, gerade richtig für die kurze Anreise mit dem Auto nach Bad Gögging. 3 Wochen sind geplant und es stehen so viele Koffer rum, dass man meinen könnte, ich würde ausziehen.

Vor 2 Jahre hat man bei mir das sogenannte idiopathische Parkinson-Syndrom diagnostiziert, seitdem ist nichts mehr wie es einmal war. Ich weiß, dass man die Krankheit nicht aufhalten kann und sie mit nicht vorhersehbarer Geschwindigkeit voranschreitet.

Aber man kann die Degeneration verlangsamen, die Symptome minimieren und sich über viele Jahre ein gutes Stück Lebensqualität bewahren.

Einen großen Schritt in diese Richtung verspreche ich mir von einer 3-wöchigen sogenannten Komplextherapie in einer darauf spezialisierten Klinik.

Jetzt also geht es nach Bad Gögging, knappe 100 km von meinem geliebten Schwabing entfernt. Schwabing? Gibt es da nicht auch eine renommierte Parkinson Fachklinik? Ja, die gibt es und sie ist mir von vielen Informationsveranstaltungen bestens bekannt. Aber ein ambulanter Aufenthalt kam für mich nicht in Frage, ich halte es für den Therapieerfolg entscheidend, aus meinem Alltagstrott herauszukommen – das wäre in einer Klinik bei mir um die Ecke sicher nicht möglich gewesen (ich kenne mich ja).

Doch wohin denn sonst? Ich habe mir die Liste der zertifizierten bzw. spezialisierten Fachkliniken beim dPV besorgt – die finden Sie übrigens auch in meinem Blog https://parkinson-journal.de/parkinson-kliniken und mich durch deren Websites geklickt.
Zufällig fand während dieser Zeit anläßlich unseres Parkinson-Stammtisches ein Vortrag von PD Dr. Wächter, dem Chefarzt der neurologischen Fachklinik in Bad Gögging, statt.

Ein überzeugender Vortrag, ein nettes Gespräch am Ende und meine Entscheidung war klar. Den Termin wollte ich aber erst nach meiner zweiten Impfung wahrnehmen.

Die Einweisung in die Klinik war übrigens denkbar einfach. Da es sich weder um einen Reha- noch um einen Kuraufenthalt handelt, bedarf es lediglich einer Krankenhauseinweisung durch den Hausarzt oder Neurologen. Je nach Schweregrad der Erkrankung bezahlt die Krankenkasse das sogar zweimal jährlich.

Und jetzt sitze ich im Auto neben meiner geliebten Frau, die ich in den nächsten drei Wochen unter anderem coronabedingt nur ganz selten sehen werde. Sind das jetzt Schluckbeschwerden oder einfach nur ein Klos im Hals?

Sie darf nicht mit rein und so gibt es lediglich einen kurzen Abschied und ich bin plötzlich allein mit meinen 2 großen Koffern im riesigen Atrium der Eingangsrezeption. Noch ein Blick zurück auf die sich schließende Schiebetür und das war es – ich fühle mich wie Jonas im Maul des Wales.

Foto: (Passauer Wolf, berliberlinski)

Das Atrium ist sehr geschmackvoll und beeindruckend. Aber so leer wie es dank Corona heute ist, fühle ich mich ein wenig verloren

Die nette Dame an der Rezeption weist mir den Weg zu meiner Station, wo ich schon erwartet werde. Es herrscht geschäftiges Treiben auf den Fluren meiner Station. Die meisten meiner Mitbewohner benötigen die Unterstützung eines Rollators und sind von der Krankheit arg gezeichnet. Es ist mir fast peinlich, so viel gesünder zu sein, aber dann sage ich mir: Don´t worry, das Leben ist fair, denn soweit wird es mit mir auch mal kommen (falls mich bis dahin nicht eine andere Krankheit dahin rafft). Man wird sehen – einstweilen interessiert mich mein Ende nicht, sondern lediglich der Weg dorthin und der soll verdammt nochmal lange genug und vor allem ohne Siechtum sein. Mein Aufenthalt in Bad Gögging ist der erste Schritt auf diesem Weg.

Hurra, ich hab ein Doppelzimmer bekommen, dass nur mit mir belegt ist. Genial. Als ich meine private Zusatzversicherung für Chefarztbehandlung und Zwei-Bett-Zimmer abgeschlossen hatte, muss mich der Geiz gepackt haben und ich habe den geringen Aufschlag für das Einzelzimmer gespart, jetzt lässt die DKV kein Upgrade mehr zu.

Zuerst gibt es zahlreiche Formalitäten zu erledigen, der obligatorische Schnelltest steht an (trotz Impfung) und ich muss den Inhalt meiner Riesenkoffer im Schrank verstauen. Das ist eine Herausforderung, denn meine Einräumtechnik ist nicht zusammenlegen und sauber stapeln, sondern reinstopfen 😉  Ständig kommt jemand rein und gibt mir irgendeinen Plan oder Gegenstand: Den Therapieplan, den Essensplan, die Fluchtwege, den Symptomplan, die Hauszeitung, die Masken. Hatte ich in dem Aufnahmebogen nicht erwähnt, dass man mein Kurzzeitgedächtnis vergessen kann? Ich werde es schon auf die Reihe kriegen. Irgendwie.

Die Oberärztin kommt zur Begrüßung und führt ein sehr ausführliches Gespräch mit mir, das letztendlich die Grundlage für die Aufnahmediagnose sein wird. Ich bitte um Verständnis, dass ich an dieser Stelle, um meine Privatheit zu bewahren, nicht meine vollständige Diagnose aufliste. Von allem ein bisschen, das eine mehr und das anderer weniger ausgeprägt, sollte als Beschreibung genügen. Ich muss sagen, ein sehr angenehmes, einfühlendes und nicht zuletzt hohen Sachverstand vermittelndes Gespräch. Spätestens jetzt weiß ich, dass ich hier richtig bin.

Da mich spürbare Wirkungsschwankungen quälen, werde ich in einem ersten Schritt zu meiner bisherigen Medikamentation ein Pflaster „Rotigotin“ bekommen.

Bei Rotigotin handelt es sich um einen non-ergolinen Dopamin-Agonisten, der kontinuierlich 24 Stunden lang aus dem Pflaster freigesetzt und über die Haut aufgenommen wird. Folge ist ein konstanter Plasmaspiegel des Wirkstoffs und damit eine dauerhafte Rezeptorstimulation. Dopamin-Agonisten ahmen die Funktion des Dopamins im Gehirn nach, indem sie an dessen Rezeptoren andocken.

Desweiten erhalte ich zusätzlich am Abend eine Clonazepam gegen meine REM-Schlafstörungen, als da wären ,Albträume, Reden im Schlaf und um sich schlagen. Nebenbei bemerkt, ist das ein Symptom, dass ich mind. schon seit 15 Jahren mit mir rumschleppe. Ich erinnere mich an eine lange Zugfahrt im ICE, wo ich im Tiefschlaf einen ganzen Tisch abgeräumt habe.

Und so sieht mein Medikamentenplan heute aus:

6.30                      1,5 Levodopa
7.00 

1 Xadago, Rotigotin-Pflaster (derzeit 2 mg, zu steigern auf 6 mg)
1 Duloxetin (Stimmungsaufheller)

11.00                    1 Levodopa
15.00  1 Levodopa
19.00                    1 Levodopa
1 Atorvastatdin (Stettin wg Herzkranzgefäße)
1  Marcumar wg Thrombosegefahr
22:00   

1 Madopar Depot
1 Clonazepam gegen REM-Schlfastörungen
                            
 (rot=neue Medikamente)

                                 

Über den restlichen Tag verteilt, gab es weitere Gespräche und Anamnesen zum Thema Sprachtherapie, Physiotherapie und ein Treffen in der sogenannten Willkommensgruppe, in der nochmal die ganzen Zusammenhänge erläutert wurden.

Zwischenzeitlich schaute Chefarzt Dr. Wächter bei mir vorbei und nahm sich etwa eine halbe Stunde Zeit, mir seine Sicht auf meine Symptome und Behandlungsansätze zu erläutern. Ich war verblüfft, wie detailliert er bereits zu diesem Zeitpunkt über mich im Bilde war.

Last but never least: Was gab es zu Essen?

Mittags                              –

  • Lachsfilet Doria in Gemüsesoße mit Broccoli und Kartoffeln
    oder
  • Vollkornnudeln mit Kürbisbolognese und geriebenem Parmesan.

Abends                              

  • Spinatlasagne, Wurstauswahl und verschiedene Brote und Beilagen

Klassisches Großkantinenessen, aber nichts daran auszusetzen.

Ich gehe noch eine Runde spazieren (5.000 Schritte) und lasse den ersten Tag durchaus zufrieden zu Ende gehen. Mein großer LED-Fernseher in meiner Kemenate hilft mir beim Einschlafen.

Um 5 Uhr in der Früh weckt mich die Nachtschwester und verpasst mir ein Zäpfchen gegen meine Obstipation. Danach bin ich 30 Minuten damit beschäftigt, die Folgewirkung zurückzuhalten.

7:30 Blutentnahme
Ein Wunder – während wegen meiner dünnen Venen die Blutentnahme häufig in einem Pieks-Fiasko endet, gelingt es der Schwester schon beim ersten Versuch das Röhrchen zu füllen. Ich bin beeindruckt.

Meine Werte sind soweit ok, einschließlich des Quickwertes, den ich regelmäßig wegen meiner Blutverdünnung messen muss. Aber offensichtlich habe ich einen Vitamin D-Mangel, dem ab jetzt mit einmal wöchentlich 20.000 Einheiten begegnet werden soll.

9.00 Zeit für Visite
Das ganze Ärzte- und Therapeutenteam tritt an und man erklärt mir sehr ausführlich die nächsten Therapieschritte. Offensichtlich bin ich medikamentös unterversorgt, sodass meine bisher reine Levodopa-Therapie um ein Rotigotin Neuropflaster ergänzt wird. Die Dosis soll im 2 Tage-Rhythmus von 2mg auf 6 mg gesteigert werden.

Rotigotin ist ein Dopaminagonist und gibt den Wirkstoff gleichmäßig über den Tag ab. Das soll die berüchtigten Wirkungsschwankungen beheben und nicht zuletzt den Magen schonen. Der Klebstoff führt wie befürchtet zu einem Juckreiz auf der Haut, aber er ist erträglich, damit kann ich leben.

10.00 Uhr Tai Chi
Ich bin in München seit über einem Jahr in einer Tai Chi Gruppe und mache zudem täglich zu Hause meine Übungen. Da bringt mir die auf Anfänger zugeschnittene Gruppe nur wenig. Zum Glück gibt es aber reichlich Alternativen, ich werde vermutlich den Kraftraum bevorzugen oder schwimmen gehen.

Ein kleines Plädoyer für Tai Chi: Die recht einfach zu erlernenden Übungen sind eine Mischung aus Dehn- und Gleichgewichtsübungen, Atemtechnik und Entspannung. Jeden Morgen 20 min nach dem Frühstück und der Start in den Tag fällt mir viel leichter.

10.30 EKG
keine Auffälligkeiten

11:00 Physiotherapie
Eine herrlich wohltuende Massage für meinen ach so geplagten Rücken.

12.00 Mittagessen
Paniertes Putenschnitzel mit Kartoffel-Gurkensalat steht auf dem Plan. Hätte ich nicht besser hinbekommen. Es gibt jeden Tag auch eine vegetarische Alternative, aber meine Restlebenszeit wird wohl nicht ausreichen, um mich da noch dran zu gewöhnen.😂

14.00 Uhr Ergotherapie
Ich trainiere die Feinmotorik meiner Finger und bin überrascht wie schwer mir doch einzelne Übungen fallen. Z. B.: Man nehme 5 kleine Kegel, 2 hellbraune und drei dunkelbraune, in die Hand und stelle sie farblich abwechselnd mit der gleichen Hand auf den Tisch. Rechts (meine gute Seite) eine simple Übung. Ganz anders links – mein Kopf weiß genau was ich will, aber meine Finger haben nicht die geringste Lust sich unterzuordnen. Wie lange werde ich mir noch selbst mein Hemd zuknöpfen können? Es bleibt spannend.

14:30 Neuropsychologie
Die Neuropsychologen testen die geistige Leistungsfähigkeit – Gedächtnis, Konzentration, Denkvermögen, Reaktionsgeschwindigkeit…
Will ich das überhaupt wissen? Klares Nein, aber es hilft ja nix – Gegensteuern kann man nur, wenn man weiß von wo der Wind kommt.

Jetzt noch ein Stück Kuchen in der Caféteria und eine Runde durch den Ort spazieren, dann habe ich mein Pensum für heute erledigt.

Es kam wie es kommen musste – Schluß mit Einzelzimmer, ich hab einen Zimmergenossen bekommen. Ein netter Russe, etwa in meinem Alter, mit leider nur sehr eingeschränkten Deutschkenntnissen. Ich verstehe nur die Hälfte – das mag aber auch der Tatsache geschuldet sein, dass ich mein Hörgerät so ungern trage 😉

Aber nichts ist so schlecht, als dass es nicht auch für etwas gut ist. Da er kaum Deutsch versteht, kann ich mir das Fernsehprogramm aussuchen.

Der Tag heute bringt mir neben den bereits gestern erwähnten Therapien, 2 neue Herausforderungen. Roboter Gangtraining und Nordic Walking

Roboter Gangtrainig? Ich geh doch schon wie ein Roboter!

Foto:Passauer Wolf, berliberlinski

Natürlich nicht wie ein Roboter gehen, sondern mit Unterstützung eines Roboters gehen.

Der Gangtrainer Lyra kann in allen Phasen der Rehabilitation eingesetzt werden. Die Sensoren erfassen Stand- und Schritthaltung des Patienten und helfen damit bei der Analyse von Gangunsicherheit und Fehlhaltungen.

Ich hab mich mal wieder maßlos überschätzt und geglaubt 30 Minuten locker zu schaffen. Pustekuchen – nach 10 Minuten war ich froh als es vorbei war.

Nordic Walking ist jetzt nichts neues für mich, aber während ich zu Hause immer allein im Park „walke“, geschieht das hier in der Gruppe und bereitet allen sichtlich mehr Freude.

Die Ergotherapie hat mir mal wieder meine Grenzen gezeigt. Ich hab´s ja schon beim Gitarre spielen bemerkt, meine Feinmotorik in der linken Hand hat arg gelitten. Besonders deutlich wird das, wenn ich 5 kleine Kegel mit nur einer Hand und nach Farben sortiert, auf dem Tisch aufstellen soll. Aber diese und viele ähnliche Übungen helfen die verlorengegangenen Abläufe wieder neu zu erlernen.

Mittags gab es übrigens Kalbsgulasch mit Gemüse und Spätzle – mir hat es geschmeckt.
Abends gab es regionale Küche, was in Bayern ein Euphemismus  für Leberkäs, Senf und Brezn ist. Wer´s mag….

Ach ja, das Essen gibt es in einem schönen Speiseraum ( Saal wär übertrieben ) und wer will, kann sich das Essen auch aufs Zimmer bringen lassen. Es ist wirklich rührend, wie sich die Damen in der Caféteria um die Patienten kümmern – viele haben doch ihre liebe Not beim Essen und es ist Ihnen keine Mühe zu viel.

Ich absolviere noch einen Spaziergang zur Erkundung der Gegend, mache den Fernseher an und schlafe tief und fest bis um 7.00 in der Früh.

Foto: Passauer Wolf, Foto Mayer-Neustadt

Es ist ein Einzelzimmer freigeworden und damit ich meinen russischen Bettnachbarn nicht mit meinen nächtlichen Tiraden störe, darf ich das gleich heute beziehen. Ein schönes Zimmer mit Einzelbett, großem Balkon zur Sonnenseite und zu einem wirklich fairen Preis. Ich bin happy.

Der Tag beginnt mit einer ausführlichen Visite und wir besprechen die weitere Vorgehensweise. Im Wesentlichen geht es dabei um die Kombination der einzelnen Medikationsalternativen. Welche wirken, welche haben Nebenwirkungen, welche fehlen noch, wo muss man erhöhen, wo mit der Menge zurückfahren.

Um 09:30 ist Sprachtherapie wieder angesagt.
Wir fangen mit ersten Artikulationsübungen an und ich lerne dabei meine Stimmbänder zu trainieren.

Was wohl meine Nachbarn in München sagen werden, wenn sie meine lauten Ohs, Ahs und Ihs hören werden. Aber da müssen sie durch – ich ja auch.

Ich hatte bereits letztes Jahr im Frühling eine 4-wöchige LSVT-Loud Therapie, die mir sehr geholfen hat. Das LSVT LOUD Training dient in erster Linie der Kräftigung der Stimme und somit der dauerhaften Erhöhung der Sprechlautstärke im Alltag. Es hat sich in der Vergangenheit in Bezug auf eine schnelle und wahrnehmbare Verbesserung der Stimmfähigkeit und somit der Verständlichkeit als sehr wirksam und nachhaltig erwiesen.

Ganz interessant dürfte in dem Zusammenhang ein Interview mit der Logopädin Diana Roos sein, dass ich zum Thema Video-Therapie geführt habe.

Um 11.00 schlägt mir die Neuropsychologin auf´s Gemüt, die Tests lassen doch schon signifikante Einbußen erkennen. Werd ich jetzt dement oder nur vergesslich? Habe ich Konzentrationsproblme oder bin ich nur müde? Die Fragen sind schon mal auf dem Tisch und sie beschäftigen mich den ganzen Tag. We will see (aha, Englisch funktioniert noch – da kanns ja nicht so schlimm sein 😉)

Heute gab es Seelachsfilet in Senfsoße mit Zuckerschoten und Kräuterkartoffeln. Ist nicht so mein Ding, also bin ich auf vegetarisch umgeschwenkt – Kaiserschmarrn mit Apfelmus. Vegetarisch kann sogar schmecken. 😂

13.00 Uhr, ab in den Kraftraum zum medizinischen Aufbautraining. Hier kenne ich mich aus, hier sind die Geräte, die üblicherweise in jedem Fitnessstudio stehen. Die Betreuer:innen sind sehr aufmerksam, geben Tipps und achten auf die richtige Durchführung der einzelnen Übungen.

In der Physiotherapie stehen heute Gleichgewichtsübungen auf dem Programm. Das ist eine meiner größten Baustellen, ich habe es zwar bisher geschafft nicht zu stürzen, aber ewig geht das nicht gut. Nach oben oder unten schauen, schnelle Kopfbewegungen nach rechts oder links, zu schnelles Aufstehen, plötzlich stoppen müssen, längere Zeit stehen – alles Gelegenheiten bei denen mein Gleichgewichtssinn versagt – hier ist massives Training angesagt, Tabletten helfen da gar nix.

Jetzt noch meine abendliche Runde und einen Kaiserschmarrn und ich falle todmüde in mein Bett.

Heute ist Therapiepause, ich lese, schaue fern, erkunde die Ortschaft, esse Eis und vertreib mir die Zeit am Notebook. Aber irgendetwas stimmt nicht mit mir. Mir ist arg schwindelig, ich habe Gleichgewichtsprobleme, höre Stimmen und habe überhaupt kein Zeitgefühl mehr. Ich tippe auf die Nebenwirkungen der neuen Medikamente und beschließe, das einfach hinzunehmen. Die nächste Visite ist am Montag und dann wird man weitersehen.

Der Höhepunkt des Tages: Rindergulasch mit Gemüse und Nudeln. Es muss ja nicht immer Kaviar sein.

Die Stimmen sind weg, meine zeitliche Orientierung ist wieder im Lot, lediglich der Schwindel und eine leichte Übelkeit bestimmen mein Wohlbefinden.

Ansonsten lief der Sonntag genauso ab wie der Samstag, nur dass es Schweinebraten mit Sauerkraut und Kartoffelknödel gab. Eine ganz neue Erfahrung, die Kombi aus Schweinebraten und Sauerkraut. Wer es mag – gerne. Ich jedenfalls gehöre nicht dazu.

Mein Clonazepam hat seine Wirkung nicht verfehlt und ich bin beim „Tatort“ tief und fest eingeschlafen.

Die Orientierungsprobleme haben sich heute nicht mehr gezeigt – War vermutlich eine Nebenwirkung der Rotigotin-Dosiserhöhung. Schau mer mal.

Zu Essen gab es Rindfleisch mit Meerrettichsoße, Kaisergemüse und Kartoffeln. A bisserl fad, aber basst scho.

Die Woche fängt gut an – volles Programm. Physiotherapie, Neuropsychologie, Massage, Rotlicht, kognitives Training, phonetische Untersuchung

Bei dem Neurotraining war ich diesmal mit dem Ergebnis durchaus zufrieden. Getestet wurde Erinnerung an kurze Texte und schnelles Reagieren beim Kopfrechnen.

Die phonetische Untersuchung war eine Reise in mein Inneres. Und zwar mit einer Kamera durch meine Nase zum Rachen hin, keine Sorge – tat nicht weh. Mit dieser Aufnahmetechnik kann man wunderbar das Schluck- und Stimmbandverhalten beobachten. Das Ergebnis bildet ab jetzt die Grundlage für meine weiteren Sprech- und Schluckübungen.

Ein kleiner Wermutstropfen an dem ansonsten erfolgreichen Montag: Die Oberärztin hat mir zu einer dreiwöchigen Anschluss-Reha geraten. Aber was sein muss, muss sein. Mein liebevoll gepflegter Fatalismus und meine rosarote Brille werden die weiteren 3 Wochen locker bewältigen – da bin ich mir sicher.

Jetzt habe ich die erste Woche schon hinter mir. Meine Schulterschmerzen sind weg, die Wirkungsschwankungen der Medikamente sind viel flacher und ich habe keine einzige REM-Schlaf-Störung gehabt.

Und das muss am Ende der ersten Woche mal gesagt werden: Das Personal hier ist super. Ärzte, Therapeuten, Pfleger, Verwaltungspersonal – alle ziehen an einem Strang, alle sind überaus freundlich, hilfsbereit und kompetent. Ein ganz dickes Lob für eine tolle Mannschaft.

Der Tag war anstrengend und ich geh früh schlafen. Keine so gute Idee, denn ab 4 Uhr in der Früh bin ich wieder hellwach und schaue fern. Unfassbar was da in der Nacht bei den Trash-Sendern an hirnlosem Zeug in den Äther gefunkt wird. Ich schone meine Nerven, schalte die Glotze aus und döse noch zwei Stunden vor mich hin.

Die zweite Woche

Heute habe ich im Robotertraining die Geschwindigkeit erhöht, die Dauer aber bei 10 Minuten gelassen. Mein linkes Knie dreht immer ohne mich zu fragen seine Runden, das braucht noch ein paar Tage, wenn nicht gar Wochen, bies es mir gehorcht, Aber dafür bin ich ja hier.

Neuropsychologisch war heute Gespräch angesagt. Es fällt mir nicht leicht mit mir nicht vertrauten Menschen über Ängste, Pläne und Sorgen zu sprechen. Ich selbst halte mich da eher für therapieresistent. Aber ich bin offen für das Thema und werde mein Bestes geben.

Und schon wieder der Gangroboter – er heißt Lyra, ich nenne ihn aber RZJZ, die Initialen meines Bruder und meine.

In der Sprachtherapie gibt es heute erstmals Hausaufgaben. Bin froh, dass ich mich bei den einzelnen Übungen nicht sehe, gerade bei den Schluckübungen zieht man schon arge Grimassen. Wenn die Logopädin es vormacht, kann ich mir ein gelegentliches Schmunzeln nicht verkneifen.

Jetzt schnell runter auf mein Zimmer, das glüht die Rotlichtlampe schon vor und verwöhnt meine Schultermuskulatur.

Heute geht es rund – schnell den Bademantel an und in die schöne Schwimmhalle zu den Aqua Fit-Übungen. Wie oft hab ich im Schwimmbad den Senioren bei Ihrer Wassergymnastik zugeschaut und war mir sicher niemals so ein Schmarrn mitzumachen. Und jetzt stehe bzw. schwimme mittendrin und es tut mir so unendlich gut.

In der Ergo machen wir heute LSVT BIG Übungen,. Wer sich dafür interessiert, im Internet gibt es zahlreiche Videos dazu. Ich bin wegen einer Zerrung im Oberarm ein wenig gehandicapt und wir brechen die Übungen vorzeitig ab.

Fast vergessen: Heute gab es paniertes Seelachsfilet mit Kartoffelsalat. War nicht so mein Ding.

Heute ging es etwas ruhiger zu. Physiotherapie ist ausgefallen und die Ersatzveranstaltung habe ich verpennt.

Men neuer Freund RZJZ hat mir mal wieder gezeigt, wie man richtig geht, aber mein linkes Bein scheint ihm nicht zu trauen. Naja, wird schon.

Die Oberärztin hat sich in den Urlaub verabschiedet und mir mir und ihrem Vertreter noch die nächsten Therapieschritte besprochen.

Die Sprachtherapie hat heute nichts neues gebracht – da wird es auf absehbare Zeit auch hauptsächlich nur um Üben, Üben, Üben gehen, aber das ist ok für mich.

Im Kraftraum habe ich meinen ehemaligen Zimmergenossen (André, der Russe) getroffen und wir haben die Übungen gemeinsam gemacht. Ihn plagt ein Tremor in der rechten Hand, aber er legt vor allem Wert darauf, seinen Bauch weg zu trainieren. So hat jeder seine Ziele 😉.

Gleich gibt es Abenbrot und danach werde ich noch nach Neustadt an Donau spazieren, die 5 km schaffe ich.

Acht Anwendungen stehen heute auf meinem Behandlungsplan, ein strammes Programm.

Bin heute morgen schon um 5 Uhr aufgestanden, konnte einfach nicht mehr schlafen. Hab Kopfschmerzen und trotz Abführmittel rückt mein Körper das Essen der letzten 4 Tage nicht raus. Ich werde es bei der Visite ansprechen.

Mein linkes Oberarmgelenk quält mich schon seit längerem, bestimmte ausladende Bewegungen sind nicht mehr drin. Aber genau die sind bei der LSVT BIG-Methode Kern des Ganzen. Wir probieren deshalb heute in der Ergotherapie das Problem einzukreisen und ggfls. zu lösen. Einkreisen hat funktioniert, mit der Lösung muss ich mich noch gedulden.

Die Visite war heute morgen kurz und knackig, die aktuelle Medikation wird beibehalten und wir beobachten die weitere Entwicklung. Mein Rigor (Muskelversteifung) im Rücken hat sich spürbar gebessert, der Preis dafür scheint eine zunehmende Überbewegung im linken Fuß zu sein. Merkwürdig. Ob es da einen Zusammenhang gibt?

Sprachtherapie hat heute mal wieder Spaß gemacht. Neben dem üblichen Training der Sprech- und Schluckmuskulatur, hatte ich Gelegenheit meine stimmbildlichen Verbesserungen im Gespräch zu überprüfen. Und siehe da, der alte Dampfplauderer in mir hat sich wieder gemeldet. Ich hoffe doch sehr, dass ich meine Therapeutin mit meiner Schrebergartenphilosophie nicht all zu sehr gelangweilt habe, mit meinem verbesserten Klangbild war ich jedenfalls sehr zufrieden.

Die Strafe für meine Klugscheißerei folgte auf dem Fuss, namentlich durch die unmittelbar darauf folgende Elektrotherapie. So angenehm und hilfreich sie auch ist – man muss sich an die richtige Stromstärke herantasten und dann heißt es womöglich auf die Zähne beißen.

Ohne Pause ging es gleich zu RZJZ, meinem Roboterfreund, der mir heute so gar keine Freude machen wollte. Ehrgeizig wie ich bin, ließ ich 3 Parameter verändern – Gangdauer, Schrittlänge und Schrittgeschwindigkeit, aber das war für meinen heute eh geplagten linken Fuß zu viel und ich musste nach 10 Minuten abbrechen. Wie angenehm waren dann doch die 30 Minuten Nordic Walking im Anschluss an das Gangtraining.

Zum Lohn der vielen Mühen gab es leckeres Schweinegeschnetzeltes mit Gemüse und Salat.

Ein kurzer Mittagsschlaf und weiter ging es mit dem Gedächtnistraining. Ich hatte Tipps und Tricks erwartet, konkrete Hilfen zum Bau von Eselsbrücken oder Übungen, aber die fanden wohl bereits an einem anderen Tag statt, sodass ich mich ein wenig enttäuscht mit Theorien über Strukturen auseinandersetzen musste. Nächste Woche ist der nächste Termin und da wird es dann sicherlich greifbarer.

Jetzt noch in den Kraftraum, um sich das köstliche Hähnchenfilet mit Ratatouille heute Abend zu verdienen, noch schnell die paar Zeilen hier tippen und Ruh ist.

Die vielen Medikamente bleiben nicht ohne Nebenwirkung. Ganze 5 Tage hat es gedauert, bis sich meine Obstipation in Wohlgefallen aufgelöst hat. Ein bisschen werde ich auch selbst schuld daran sein – anstatt meines morgendlichen Vollkornbrotes zu Hause, habe ich mich hier von den leckeren Frühstückssemmeln verführen lassen. Zumindest diese Ursache lässt sich ja leicht beheben. Mal schauen, ob es ausreicht.

Bin heute ein wenig benommen und mein Gang ähnelt dem eines Seemannes bei Wellengang. Das wirkt sich auch auf meinen Gleichgewichtssinn aus. Schau mer mal, ob es besser wird, wenn ich meine morgendlichen Übungen machen werde.

Ab in die Physiotherapie und Gleichgewicht üben. Man soll nicht glauben, wie schwer es sein kann, auf einem dünnen Seil zu laufen und dabei einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ich hasse es, wenn mir so einfache Aufgaben nicht gelingen und ich mich an einem Geländer festhalten muss.

In der Ergotherapie haben wir heute das LSVT BIG Training wiederholt. War jetzt mit meiner heutigen Benommenheit nicht ganz einfach. Bei diesen Übungen geht es im Wesentlichen darum, den parkinsontypischen Verkleinerungen der Bewegungen entgegenzuwirken. Ich hab diese Übungen tatsächlich vom ersten Tag meiner Diagnose an fast täglich ausgeführt. Auf Youtube gibt es zahlreiche Videos dazu – mein Favorit ist dieses hier:

LSVT BIG gibt es auch als ambulante Therapie, 45 Minuten pro Tag, 4 Wochen lang, an je 4 Tagen in der Woche. Es sollte kein Problem sein, vom Neurologen dafür eine Verordnung zu bekommen. Aber Achtung, zumindest bei mir in Bayern war es so, dass die Kasse die Kosten der Therapie beim Ergotherapeuten übernommen hat, beim Physiotherapeuten hätte ich für die gleiche Leistung aber über 1.300,– privat zahlen müssen. Naja, die Wege des Herrn waren schon immer unergründlich 😇.

Weiter geht´s zu RZJZ, meinem Gangroboterfreund. Seine Aufgabe ist nach wie vor mein Gangbild zu verbessern. Bei jedem Schritt links belaste ich die Außenkante meines Fußes, anstatt die Fußsohle und das tut ganz schnell heftig weh. Der Kopf weiß, wie es richtig geht, aber der Fuß schert sich nicht darum. RZJZ weiß auch wie es geht, aber er kann meinen Fuß zwingen, das richtige zu tun. Das geht 10 Minuten gut und dann ergreift mein Untermieter Parkinson wieder die Oberhand.

Schaut aus, als wär ein Riesenbaby im Laufställchen. P.S. Das bin nicht ich auf dem Foto 😂

Jetzt noch geschwind zum Hirntraining und dann ist Feierabend für heute. Die Rückenmassage muss ich ausfallen lassen, es ist heute einfach nicht mein Tag.

Wenn es mir am Abend besser gehen sollte, werde ich in dem schönen Schwimmbad ein paar Runden drehen.

Fast vergessen, heute gab es gebratene Scholle mit Rahmwirsing und Gemüsereis und wie immer einer süßen Nachspeise. Am Abend gabs Antipasti. Beides sehr lecker.

Am Wochenende sind keine Therapien angesetzt, man kann aber sowohl das Schwimmbad als auch den Fitnessraum nutzen. Das werde ich heute sicherlich noch tun.

Besonders angenehm ist, dass es einen eigenen Gang zur Limes Therme gibt, man kommt also im Bademantel von seinem Zimmer direkt in Bad, Sauna oder Vitalbereich. Perfekt. Werde am Montag klären, ob die hohen Temperaturen sich mit dem NeuPro-Pflaster vertragen.

Die freie Zeit heute werde ich nutzen, um Material für mein nächstes Blog-Thema zu sammeln. Darin werde ich mich der tiefen Hirnstimulation widmen – ein Thema, dass viele von uns Parkis umtreibt und teilweise sehr kontrovers diskutiert wird.

Heute ist wieder ein therapiefreier Tag, Zeit genug also, um ein erstes Résumé zu ziehen.

Um es vorweg gleich auf den Punkt zu bringen: Ich bin voll und ganz zufrieden und meine Erwartungen wurden übertroffen.

Ohne auf die einzelnen Therapiemaßnahmen einzugehen – die sind in meinen Tagebucheinträgen hoffentlich erschöpfend geschildert:

  • Die geänderte Medikation war ein Volltreffer. Ich muss zu geben, ich stand einer Änderung meiner Medikation sehr skeptisch gegenüber, hatte ich doch das Gefühl, schon viel zu viel Chemie zu schlucken. und den Kampf mit den Nebenwirkungen neuer Medis wollte ich nicht mehr aufnehmen. Aber es ist nun mal so, dass beim Parkinson dem Körper einfach bestimmte Stoffe fehlen und es spricht nicht im geringsten etwas dagegen, ihm diese zuzuführen. Um einen leicht hinkenden Vergleich zu bemühen: Mit Vitaminpräparaten ist es ja nichts anderes und die würde ich sorglos schlucken.Die ärztliche Kunst besteht nun darin, herauszufinden, welche Stoffe fehlen und sie dem Körper so feinfühlig zuzuführen, dass er sich ohne große Nebenwirkungen daran gewöhnen kann. Oder falls er das Partout nicht will, Alternativen zu auszuprobieren.Mag sein, dass es langfristige Nebenwirkungen gibt, das weiß man nie und ist auch gar nicht so unwahrscheinlich – aber mal ehrlich: Ich lebe hier und heute und ich will, dass es mir heute gut geht. Dass es mir in 10 Jahren so oder so schlechter geht, weiß ich eh. Carpe Diem – Nutze den Tag.
  • Wie haben sich meine Symptome verändert?
    Mein Gangbild ist eindeutig besser geworden und meine Rückenschmerzen sind, wenn auch nicht ganz verschwunden, erträglich geworden.

    Insgesamt gehe ich wieder aufrechter, die leicht aristokratisch anmutende Vorbeugung meines Oberkörpers hat sich gebessert.

    Meine Steifigkeit am Morgen ist fast ganz verschwunden.

    Ich habe, seit ich hier bin, keine einzige REM-Schlafstörung gehabt – wer schon mal nachts schreiend, um sich schlagend und vor Aufregung zitternd wachgeworden ist, weiß, was dies für ein Quantensprung in der Lebensqualität bedeutet.

    Aber das verblüffendste ist – seit Jahren quält mich ein unerklärlicher Reizmagen, der für häufige Übelkeit, Magenschmerzen und zahlreiche Lebensmittelunverträglichkeiten verantwortlich zeichnete. 4 Magenspiegelungen und 3 Krankenhausaufenthalte hatten keine Besserung oder wenigstens eine nachvollziehbare Diagnose gebracht. Diese Probleme kochen seit ich hier bin nur noch auf ganz kleiner Flamme. Jeden Tag probiere ich ein neue Köstlichkeit aus, die bisher für mich tabu war. War es vorgestern der Brie-Käse, so war es gestern ein Stück Sahnekuchen. Beides hätte mich vor 14 Tagen noch 2 Tage meines Lebens gekostet. Aber jetzt bloß nicht übertreiben😂  Vermutlich ist die Besserung durch eine Veränderung der Verdauungsperistaltik durch das Rotigon-Pflaster verursacht – Genaues weiß man nicht – ist mir ehrlich gesagt aber auch egal.

  • Woran wir noch arbeiten müssen
    Die Dystonien (Überbeweglichkeiten im linken Fuß und Bein) sind weniger geworden. Sie treten jetzt meist im Sitzen und völlig unregelmäßig auf.

    Meine Gleichgewichts -und Schwindelprobleme machen mir noch sehr zu schaffen. Insbesondere bei schnellen Veränderungen der Gang- oder Blickrichtung komme ich ins Schwanken und muss Halt suchen. Das macht mich nach wie vor nur bedingt alltagstauglich und lässt mich nach wie vor die Öffentlichkeit scheuen.

    Wie überhaupt die psychischen Nebeneffekte, die jeder “Parki” kennt, nach wie vor belasten. Als da wären: Mangelnde Stressresistenz, schnelle Erschöpfung, nur kurzzeitige Konzentrationsfähigkeit, um bloß einige zu nennen.

    Aber ich bin ja noch ein paar Wochen hier und für jeden Punkt haben wir einen Therapieplan.

Jetzt ist es aber genug mit Krankheit und Reflexion, es ist Sonntag und heute Mittag werden mich meine Frau, meine jüngste Tochter und mein Sohn besuchen und ich freue mich schon sehr darauf, sie wieder zu sehen.

Auf der Jagd nach hilfreichen Ballaststoffen, habe ich zum Frühstück 2 Dinkelvollkornbrote erlegt. Ich war überrascht, wie gut sie geschmeckt haben, Dinkel ist sonst nicht so mein Fall. Dazu gab es noch ein Fruchtjoghurt mit Erdbeeren. Ich weiß natürlich, dass der ungezuckerte Naturjoghurt viel gesünder ist – aber bei aller Liebe, den krieg ich nicht runter.

So gestärkt ging es zu Ergotherapie mit 30 Minuten LSVT BIG. Langsam habe ich die Übungen auswändig drauf und ich werde sie mit Sicherheit zu Hause in mein tägliches Trainingsprogramm einbauen.

Es folgte ohne Pause 20 Minuten Elektrotherapie. Warum nur muss ich dabei immer an den Film “Einer flog übers Kuckucksnest” mit Jack Nicholson denken? Die Cineasten unter meinen Lesern werden es wissen ;-)

Heute ist´s  anstrengend – ohne Pause 30 Minuten Physiotherapie. Ich hab mit der Therapeutin in der halben Stunde ohne Pause Softball gespielt – eine super Übung für meine Reaktionsgeschwindigkeit und den Gleichgewichtssinn.

Darauf folgten 10 Minuten wohltuende Rotlichtwärme für meinen verspannten Rücken und die mentale Vorbereitung auf das Mittagessen. Der Nachmittag brachte mir noch Nordic Walking, Sprachtherapie und ein Treffen mit meinem Freund RZJZ, dem Gangroboter.

Nach dem Abendbrot werde ich noch ne Stunde schwimmen, dann ins Zimmer, den Fernseher einschalten und mit Sicherheit schon vor den Nachrichten tief und fest schlafen.

Ach ja, noch eine Bemerkung zu meinem Rotigon Neuro Pflaster. Ich bin seit gestern auf einer Tagesdosis von 6 mg und vertrage es hervorragend. Der leichte Juckreiz beim Abnehmen des Pflasters am morgen verschwindet nach 30 Minuten und das ist tatsächlich alles an allergischer Reaktion.

Die dritte Woche

Viel neues wird mir die letzte Woche nicht mehr bringen. Jetzt wird es eher darum gehen, die gelernten Übungen nochmals zu vertiefen und vielleicht noch ein Stück Holz aufs Feuer zu legen.

Heute morgen werde ich erstmals Entacapon einnehmen.

Pharma-Wiki schreibt dazu:
Entacapon ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der COMT-Inhibitoren zur Behandlung der Parkinson-Krankheit in Kombination mit Levodopa und einem Decarboxylasehemmer. Es wird bei Patienten mit fluktuierenden motorischen Symptomen eingesetzt (End-of-Dose). Die Tabletten werden gleichzeitig mit der Levodopa-Kombination und unabhängig von den Mahlzeiten verabreicht. Entacapon hemmt den peripheren Levodopa-Metabolismus und führt so zu einer konstanteren dopaminergen Wirkung im zentralen Nervensystem. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Dyskinesien, eine Verfärbung des Urins und Übelkeit.

Ich verspreche mir davon zweierlei. Zum Einen die Möglichkeit die L-Dopa-Menge zu reduzieren und zweitens etwas gegen meine Obstipation zu tun. Denn während die üblichen Parkinson-Medikamente den Magen-Darm eher “lähmen”, soll Entacapon die Peristaltik anregen. Schau mer mal.

Jetzt mache ich noch meine Logopädie-Hausaufgaben und gebe seltsame Laute von mir 😂 Später lese ich dann weiter in Frank Schätzings “Was, wenn wir einfach die Welt retten”?
Obwohl, für mich muss es gar nicht gleich die ganze Welt sein. Mir würde:”Was, wenn wir uns einfach vor dem Parkinson retten?” schon völlig genügen.

Heute Morgen und leider auch heute Mittag haben mich zum Erstenmal heftige Überbewegungen gepiesakt. Fühlt sich an, als wäre man Zappelphilipp. Zum Glück hat es nach etwa 30 Minuten wieder von selbst aufgehört.
Mag sein, dass dies Nebenwirkungen vom neuen Medikament Entacapon waren – das werden wir die nächsten Tage austesten müssen.

Ansonsten war mein Therapieplan dichtgedrängt mit Ergotherapie, Physiotherapie, Sprachtherapie, Kraftraum, Ergometer, Rückenmassage und Neuropsychologie. Beim letzteren musste ich knifflige Logikaufgaben lösen – hab zum Glück alle geknackt. Nicht auszudenken, wie ich mich gefühlt hätte, wenn ich das nicht gepackt hätte.

Meine Anschluss REHA ist genehmigt, sodass ich am Dienstag ins Nachbargebäude umziehen werde, bin gespannt was mich dort erwartet.

Ich wollte zwar heute abend noch Schwimmen gehen, aber der Akku ist leer.

Dafür hatte ich die Muße gefunden das Thema “Tiefe Hirnstimulation” endlich zum Abschluß zu bringen. Wer es lesen mag findet es hier.  

Die Überbewegungen (Dyskinesien) sind gegenüber gestern merklich zurückgegangen.

In der Ergotherapie habe ich erstmals richtig erkannt, wie sehr meine Feinmotorik schon gelitten hat. Ich denke, das kleine Video zeigt es ganz anschaulich.  Aber daran läßt sich arbeiten und Übungen dazu gibt es mehr als genug.

In der Physio haben wir bei den Gleichgewichtsübungen den Schwierigkeitsgrad erhöht, beim Gangroboter die Geschwindigkeit. Hat alles soweit gepasst.

Neuropsychologie und Gedächtnistraining waren dann mehr für meinen Kopf. Leider wurde dabei meine Stressanfälligkeit bei Multi-Tasking-Aufgaben nochmals bestätigt. Da werde ich wohl in der anschließenden REHA noch ein paar Übungseinheiten absolvieren müssen.

Heute gab es übrigens Hirschgulasch mit Rosenkohl, Spätzle und Preißelbeeren zu Mittag und am Abend Lachsrösti. Da kann man nicht meckern – war lecker.

Ach ja – und ein neues “Parkinson von A-Z” Video habe ich endlich zum Abschluss und Hochladen gebracht. In der heutigen Folge erzählt meine Comic-Figur Dr. P etwas über den Magen-Darm-Trakt. Viel Spaß dabei.

Und hier geht´s zum Video: https://youtu.be/QYLolI62tSY

Und jetzt geht es ab ins Schwimmbad – hab mir schließlich ne neue Badehose gegönnt. 😂

Ich hatte heute morgen versuchsweise eine halbe Madopar LT auf nüchternen Magen geschluckt. Es gab schon erfolgreichere Ideen in meinem Leben. Warum ich so was überhaupt mache? Nun, die Madopar LT gehört zu meiner Bedarfsmedikation und soll mir – da sie schnell wirkt – bei plötzlich auftretenden OFF-Phasen über den Berg helfen. Jetzt weiß ich zumindest, wann sie ungeeignet dafür ist ;-)

Ansonsten war es ein ruhiger Tag, das nahende Wochenende warf bereits seine Schatten voraus. Rückenmassage, Rotlichtbestrahlung, Wassertraining und Abschlussgespräch in der Neuropsychologie bestimmten den Tagesablauf.

Ich kam viel zum Lesen (immer noch Frank Schätzings Buch über die bevorstehende Klimakatastrophe) und ließ gerade eben den Tag mit einer Stunde Abendschwimmen ausklingen.

Gute Nacht!

Gestern Abend hatte ich vergessen, mein Medikament gegen die REM-Schlafstörung (Clonazepam) einzunehmen.
Mein Körper hat sich mit einer sehr unruhigen Nacht für dieses Versäumnis bedankt.

Entsprechend müde war ich heute. Schwimmen habe ich deshalb schon mal gleich gestrichen. Am Nachmittag war ich trotz meiner Müdigkeit eine halbe Stunde im Fitnessraum – Ohne Bewegung geht´s mir einfach zu schlecht.

Ansonsten habe ich die Zeit genutzt, um an meinem Blog weiterzuarbeiten. Schade, dass meine Konzentration so schnell nachlässt, denn selbst einfache Aufgaben am Notebook dauern dadurch ewig.

Zur Auflockerung mache ich zwischendurch Gleichgewichtsübungen – die fallen mir im Moment besonders schwer.

Noch Tagesschau und den Krimi anschauen, dann entschwinde ich hoffentlich ins Reich der Träume. Ich hab mit dem Sandmännchen einen Deal gemacht: Wenn ich Clonazepam nicht vergesse, werde ich mit einer ruhigen Nacht beschenkt. Naja, der Sandmann macht es sich da ein bisschen einfach, schließlich helfen ja die Tabletten und nicht er. 😉

Bis Morgen!

Die Clonazepam hat mich tatsächlich bis 4 Uhr in der Früh durchschlafen lassen. Das war es dann aber auch schon. Seitdem quält mich mein Magen mit Völlegefühl, Druckschmerz, ständigem Aufstoßen und Übelkeit.

Keine Ahnung woran das liegt – waren es vielleicht doch Nebenwirkungen von Entacapon oder waren es die Nebenwirkungen von den zwei Kugeln Eis, die ich gestern gegessen hatte – eine Geschmacksexplosion waren sie jedenfalls nicht.

Wie auch immer, wenn mein Magen streikt, kommt die Aufnahme, der Transport und/oder die Verstoffwechselung meiner Medikamente heftig aus dem Takt. Ergebnis: Kurzatmigkeit, starkes Zittern, Überbewegungen. Dauert meist ca. 20 Minuten, geschieht fast ausschließlich im Sitzen – also vornehmlich beim Essen oder Schreiben – und verschwindet dann, als wäre nichts geschehen. Als unverbesserlicher Optimist gehe ich selbstverständlich davon aus, dass ich morgen – meinem letzten Tag – wieder fit bin.

Das geplante Schwimmen und das Fitnesstraining fielen der Übelkeit zum Opfer. Andererseits schenkte sie mir dadurch die Zeit und auch die Muse meinem geschätzten Tischpartner meine beiden Blogs näher zu bringen. Er schien sehr beeindruckt, was mich umso mehr freute, als dass ich ihn als hochgebildeten Menschen kennenlernen durfte. Ich werde unsere philosophischen Gespräche, meist im Nachgang der jeweiligen Mahlzeit, sicherlich vermissen.

Übrigens, ich habe den frühen 4-Uhr-Appell genutzt, und mein Tai Chi – posting ein letztes mal zu redigieren und hochzuladen.
Wen es interessiert, der wird hier fündig: https://parkinson-journal.de/tai-chi-und-parkinson.

Muss Schluss machen – gleich kommt Fußball…

Heute waren erwartungsgemäß weniger Therapien angesetzt.

In der Ergotherapie habe ich weitere Finger- und Handübungen gelernt.

In der Physiotherapie versuchten wir mit neuen Tests dem Ursprung meiner Gleichgewichtsstörungen auf die Schliche zu kommen. Mein häufiger Schwindel – gerade zu Beginn der Eingewöhnung an neue Medikamente – hat wohl eine falsche Fährte gelegt.

Vielmehr scheint es so zu sein, dass die Ursache eher bei meinen Augen zu suchen ist. Ich denke, wir werden das ab morgen, in der dann beginnenden Anschluss-REHA, weiterverfolgen. 

Noch eine Abschlussvisite, eine letzte Kontrolluntersuchung meiner Luft- und Speiseröhre und meine Komplextherapie ist Geschichte.

Eine erfolgreiche Geschichte, wie ich meine. Mein Gangbild hat sich sehr verbessert, Rücken- und Brustschmerzen sind fast ganz verschwunden, meine mittlerweile recht komplexe Medikation verursacht keinerlei Nebenwirkungen, die Stimme ist besser geworden und das allerbeste zum Schluss: Meine jahrelangen Bauchschmerzen und Lebensmittelunverträglichkeiten gehören gänzlich der Vergangenheit an.

Zu schön, um wahr zu sein? Naja, kein Licht ohne Schatten.

Wie berichtet, kämpfe ich noch mit Gleichgewichtsstörungen, meine Konzentrationsfähigkeit hat arg gelitten, mein Kurzzeitgedächtnis gleicht einem Sieb und meine psychische Widerstandskraft schwindet dahin.

Kurz gesagt: Der Motor läuft, aber der Bordcomputer stürzt ständig ab. (Meine Metapherproduktion scheint keinen Schaden genommen zu haben 😉 ) und es muss ja auch noch was für die anstehende REHA übrigbleiben! 

Ein ganzes dickes Lob an die Ärztinnen und Ärzte, Schwestern, Pfleger, Therapeuten und wer sich sonst noch alles um die zum Teil sehr schwer erkrankten Patienten kümmert. Ich habe selten (eigentlich noch nie) in einer Klinik ein so angenehmes Klima, eine so positive Atmosphäre erlebt. Chapeau! 

Und ganz ohne Wehmut geht es dann doch nicht. Einige mir ans Herz gewachsene Menschen werde ich nicht mehr sehen:

Uwe, den stets hilfsbereiten Sachsen.

Andrè, mit dem ich immer schwimmen ging.

Frau Rosinski, meine Physiotherapeutin, die mir auf die Sprünge geholfen hat.

Philipp, den stets aufmerksamen und immer gut gelaunten Stationsleiter.

Carl, meinen geschätzten Tischnachbarn, mit dem ich so viele interessante Gespräche führen durfte.

Und viele andere, die ich namentlich nur deshalb nicht erwähne, weil ich kein Foto von Ihnen habe.

Last but not least gibt es da noch dieses nette Bild, dass Carl und Uwe für Schwester Barbara gemalt haben.

 

So Ihr Lieben, das war´s. Mein Tagebuch ist am Ende seiner Tage angekommen. Bis irgendwann und irgendwo. Vielleicht ja nächstes Jahr im Spätsommer in Bad Gögging.

Pfiat eich und Servus, Euer Jürgen

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