Gipfelsturm oder Talwanderung / Parkinson-Forschung auf neuen Wegen

Bei jedem Gespräch, das ich über Parkinson führe – und glaube mir, ich habe viele solcher Gesprächegeführt – fällt mindestens einmal der Satz „Jeder Parkinson ist anders.“ Das stimmt, die Symptome zeigen sich bei allen Patient:innen anders und der Verlauf entwickelt sich sehr individuell.

Was viele aber nicht wissen: Die Forschung geht inzwischen davon aus, dass Parkinson nicht nur eine einzelne alleinstehende Erkrankung ist. Wir haben es vielmehr mit einer Vielzahl von neurologischen Erkrankungen zu tun, die sich unter einem Parkinson-Dach tummeln. Willkommen zur Parkinson-Party!

Besser Wissen!

May Evers, selbst an Parkinson erkrankt, ist seit Jahren eine „Aktivistin“ in der Welt der Parkinson Organisationen. Sei es als Kuratoriumsmitglied in der Hilde Ulrich Stiftung, als Mitherausgeberin von TeamDopamin- das Dopaminbuch, als Mitinitiatorin der AktivZeit-Challenge oder als Gründungsmitglied der deutschen Sektion der PD Avengers „Schluss mit Parkinson“, May kennt die Krankheit und alle, die sich um ihre Beämpfung bemühen, besser als kaum eine andere. Sie berichtet in Ihrer Kolumne in unregelmäßigen Abständen aus der Welt der Parkinson-Stiftungen, Selbsthilfegruppen und Forschungsvorhaben.
In „Heimann klärt auf“ wollen wir die Grenzen der Foren sprengen und seine Postings einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.

Dr. Heimann erklärt – EBook-Version

Dr. med. Johannes Heimann war in seiner beruflich aktiven Zeit Gynäkologe und Geburtshelfer und lebt seit einigen Jahren selbst mit der Diagnose Parkinson. Er geht in verschiedenen Parkinson-Foren tiefgründig, nicht selten auch humorvoll auf die zahlreichen Fragen der Mitglieder ein und trifft mit seiner Sprache und Themenauswahl regelmäßig den Nerv der Community.

In „Heimann klärt auf“ wollen wir die Grenzen der Foren sprengen und seine Postings einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.

Dr. Heimann erklärt

Dr. med. Johannes Heimann war in seiner beruflich aktiven Zeit Gynäkologe und Geburtshelfer und lebt seit einigen Jahren selbst mit der Diagnose Parkinson. Er geht in verschiedenen Parkinson-Foren tiefgründig, nicht selten auch humorvoll auf die zahlreichen Fragen der Mitglieder ein und trifft mit seiner Sprache und Themenauswahl regelmäßig den Nerv der Community.

In „Heimann klärt auf“ wollen wir die Grenzen der Foren sprengen und seine Postings einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.

Wie geht Parkinson – ein Ratgeber

Mein Name ist Martin Riegels, ich bin 62 Jahre jung und habe seit nunmehr
20 Jahren Parkinson. Ich versuche so gut wie möglich mit dieser
Krankheit zu leben. Das gelingt mir mal besser und mal schlechter. “Wie
geht Parkinson?“ soll Wege aufzeigen, wie man trotz dieser Krankheit gut
leben kann.

atypische Parkinson Syndrome

Atypische Parkinson-Syndrome (auch manchmal als „Parkinson-plus-Syndrome“ bezeichnet) und anderweitig bedingte Parkinson-ähnliche Probleme

Eine Vorbemerkung

Alles was ich in den bisherigen Kapiteln der Reihe „Was wir über Parkinson wissen sollten“ teils schon geschrieben habe, teils noch schreiben werde, bezieht sich nur und ausschließlich auf das typische Idiopathische Parkinson-Syndrom. Dieses dürfte bei 70 oder 85 % bei uns vorliegen. Die Entstehung und die Krankheitsentwicklung des Idiopathischen Parkinson-Syndroms ist recht gut erforscht und dürfte bei uns allen sehr ähnlich sein.
In diesem Kapitel aber geht es um die so genannten

• Atypischen Parkinson-Syndrome (zum Beispiel Lewy-Körperchen-Demenz, MSA = Multisystematrophie, CBD = Corticobasale Degeneration, PSP = Progressive supranukleäre Blickparese)
• Parkinson-Beschwerden als Medikamentennebenwirkungen
• durch Stoffwechselstörungen (z.B. Morbus Wilson) ausgelöste Erkrankungen
• durch Arteriosklerose und viele Kleinstschlaganfälle oder
• wiederholte Kopfverletzungen (Muhammad Ali!)

ausgelöste Erkrankungen sind völlig anderer Natur. Sie zeigen zwar auch einige der Parkinson-Symptome, entstehen auf völlig andere Art und Weise und beginnen auch an anderer Stelle.
So sind zum Beispiel Riechstörungen und Depressionen für das Parkinson-Syndrom typisch, für die anderen Erkrankungen nicht.
Für diejenigen unter Euch, die eine dieser eher selteneren Formen haben, gilt vieles nicht, was ich hier über das typische Idiopathische Parkinson-Syndrom geschrieben habe oder schreiben werde.
Wiederholung: das typische Parkinson-Syndrome
Bisher haben wir gelesen und gelernt: Das typische Parkinson-Syndrom, auch genannt idiopathisches Parkinson-Syndrom oder auch Morbus Parkinson, verläuft in Stadien und zeigt auch in dieser Abfolge die typischen Symptome:

• Stadium I nach Braak:
o Riechstörungen (manchmal, nicht immer)
o chronische Verdauungsprobleme (manchmal, nicht immer)

• Stadium II nach Braak
o Depressionen unklarer Ursache
o Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus

▪ Schlafstörungen (Einschlaf- / Durchschlafstörungen
▪ REM-Schlaf-Störung = RDS = REM sleep disorder: typisches „Ausleben“ der Traumphasen mit Bewegungen und Störungen hauptsächlich des Bettpartners
• Stadium III nach Braak
o Hypokinese / Bradykinese / Akinese: Das ist das Kern-Symptom der Parkinson-Erkrankung!
▪ Hypokinese = eingeschränkter Bewegungsumfang (zum Beispiel nicht vollständige Beugung und oder Streckung in einem Gelenk)
▪ Bradykinese = alle Bewegungen werden langsamer
▪ Akinese = manche Bewegungen macht man gar nicht mehr. Geradezu typisch ist der Ausfall der Bewegungen, die man nicht bewusst durchführt, sondern die bei Gesunden automatisch mitlaufen:
• fehlende Mitbewegungen und Schlenkern eines Armes beim Gehen
• fehlende gestische Mitbewegungen beim Erzählen
• fehlende mimische Bewegungen: der Gesichtsausdruck wird starrer, zum Beispiel fehlendes Lächeln. Dies wird von unverständigen Zeitgenossen manchmal als unfreundlich, teilnahmslos oder böse fehlgedeutet.
o Rigor
▪ andauernde unwillkürliche Anspannung bestimmter Muskelgruppen. Dies bewirkt:
▪ „wächserner“ Widerstand, wenn Arme, Beine, Finger, Hände passiv bewegt werden
▪ „Zahnradphänomen“ bei passiven Bewegungen
▪ sehr häufig: chronische „Verspannungen“ im Nacken-Schulter-Rücken-Bereich: Mit den Fehldiagnosen „Schulter-Arm-Syndrom“, chronischen Rückenschmerzen usw. sind viele zunächst in dauerorthopädischer Behandlung.
o Tremor
▪ Der Tremor = das Zittern ist NICHT das Hauptsymptom der Parkinson-Erkrankung. Das denken nur die Laien und Nicht-Betroffenen. 15 – 20 % aller Parkinson-Patienten haben im ganzen Krankheitsverlauf kein Zittern.
▪ Der typische Parkinson-Tremor ist
• relativ langsam, „niederfrequent“, 4 – 6 / Sekunde
• ein „Ruhe-Tremor“, der bei zielgerichteten Bewegungen weniger wird oder aufhört (im Gegensatz zum „Intentionstremor“, der bei zielgerichteten Bewegungen – z.B. Fingerspitze auf Nasenspitze – erst auftritt oder zunimmt)
o Psychiatrische Probleme: Depressionen oder Angststörungen
o typisch ist der halbseitige Beginn und die halbseitige Betonung der Symptome (zum Beispiel nur oder vor allem linker Arm und linkes Bein)
o Erst in diesem Stadium wird das idiopathische Parkinson-Syndrom erkannt. Und erst im Nachhinein werden die Beschwerden des Stadium I und II als Parkinson-bedingt gedeutet
• Stadium IV bis VI nach Braak
o Das brauchen wir in diesem Zusammenhang nicht wiederholen.
Bis hierher also nichts Neues.

Rote Flaggen

Es hört sich komisch an: bei der überwiegenden Mehrzahl von uns hier in dieser Gruppe ist das „normale“ typische Parkinson-Syndrom angeblich gesichert. Ist es aber nicht. Denn wenn eines der nun folgenden Symptome auftritt, muss man die ursprüngliche Diagnose in Frage stellen und doch ein atypisches Parkinson-Syndrom vermuten.
Natürlich ist es unwahrscheinlich, wenn man schon acht Jahre lang ein so genanntes typisches Parkinson-Syndrom gehabt hat, dass man die Diagnose jetzt noch umändern muss. Ausgeschlossen ist es aber nicht.
Diese Symptome, die an der ursprünglichen Diagnose typisches Parkinson-Syndrom zweifeln lassen, nennt man „rote Flaggen“. Mit anderen Worten: aufgepasst!
Nicht einseitiger asymmetrischer, sondern primär beidseitiger = symmetrischer Beginn

▪ ➔ sollte immer zu genauerer Diagnostik Anlass geben. Das „normale“ Parkisonsyndrom beginnt halbseitig und bleibt im gesamten Krankheitsverlauf seitenbetont.
Auffälligkeiten in der „ganz normalen“ Kernspintomographie des Gehirns

▪ ➔ Das „normale“ Parkinson-Syndrom ist typischerweise im „normalen“ Kernspintomogramm nicht sichtbar.

▪ ➔ Jeder Parkinson-„Verdächtige“ sollte als Basisdiagnostik eine Kernspintomographie haben zum Ausschluss anderer Erkrankungen.

• ➔ Hirntumoren können sicher ausgeschlossen werden (machen aber auch nicht die typischen Symptome eines Parkinson-Syndroms)

• ➔ Apoplex = Schlaganfall macht normalerweise auch andere Symptome, sollte aber ausgeschlossen werden

▪ ➔ So genannte atypische Parkinson-Syndrome fallen im Kernspintomogramm bei guter Aufnahmetechnik einem (sehr kundigem und spezialisierten) Neuro-Radiologen manchmal auf.

▪ ➔ Bei völlig typischem Bild eines völlig typischen Parkinson-Syndroms ist eine spezielle Bildgebung nicht notwendig:
• Ultraschall der Substantia nigra

• so genannter DAT-Scan: ist bei 90 (nicht 100) % der typischen Parkinson-Patienten auffällig.

▪ ➔ Diese spezialisierten bildgebenden Verfahren sind aber ganz am Anfang oder im Verlauf dann notwendig, wenn (durch rote Flaggen) die Diagnose des typischen Parkinson-Syndroms in Frage gestellt werden.

Unzureichendes oder fehlendes Ansprechen auf Levo-Dopa
▪ ➔ Früher hat man zur Erstdiagnostik des normalen Parkinson-Syndroms einen Test mit Apomorphin oder Levo-Dopa gemacht: beim typischen Parkinson-Syndrom gehen die Symptome Akinesie – Rigor – Tremor auf eine „übliche Dosierung“ weg oder werden deutlich besser.

▪ ➔ Heute macht man diesen Test meistens nicht mehr, sondern fängt mit der typischen Behandlung an. Man sollte stutzig werden, wenn diese typische Behandlung nicht erfolgreich die meisten Symptome wegputzt oder wenn man gleich hohe Dosierungen braucht. ➔ atypisches Parkinson-Syndrom?

Einnahme von psychiatrischen Medikamenten
▪ ➔ Dies ist diagnostisch einfach: „Was schlucken Sie denn sonst für Tabletten?“ Verdächtig sind

• Neuroleptika (30 oder 40 verschiedene Präparate mit manchmal 3 verschiedenen Handelsnamen): das sind Mittel zur Behandlung von Psychosen und anderen psychiatrischen Erkrankungen.
• wenige Mittel gegen Übelkeit (auch genannt Antiemetika).

• symmetrische = beidseitige Symptomatik
▪ ➔ Dies wäre auch therapeutisch einfach, wenn man die Tabletten weglassen oder durch andere ersetzen könnte. Aber leider geht das meist nicht. Bitte nie alleine versuchen!!!!!
Früh (bereits im ersten Krankheitsjahr) auftretende Denkstörungen – ausgeprägte Vergesslichkeit, Orientierungsstörung, Demenz
▪ ➔ Parkinson-Syndrom mit Demenz
▪ ➔ Lewy-Körperchen-Demenz
▪ ➔ Diese Störungen sind im Gegensatz zur deutlich häufigeren Alzheimer-Demenz gekennzeichnet von Parkinson-Syndromen und einer häufig stark schwankenden Gehirnleistung (sehr gute Stunden oder Tage wechseln mit schlechteren ab).

Früh (bereits im ersten Krankheitsjahr) auftretende „autonome Störungen“: gestörte Blasenentleerung, Harninkontinenz, beim Mann Erektionsstörung
lassen denken an

▪ ➔ So genannte MSA = Multisystematrophie, zum Beispiel die MSA-P = die Unterform mit P = Parkinson-Syndrom

Früh (bereits im ersten Krankheitsjahr) auftretende Gleichgewichtsstörungen mit unsicherem, teils breitbeinigem Gang
lassen denken an

▪ ➔ So genannte MSA = Multisystematrophie, zum Beispiel die MSA-C = die Unterform mit C = Cerebellum = Kleinhirn-Symptomen
Früh auftretende Sturzneigung, v.a. beim Treppengehen und Doppelbilder
lässt denken an

▪ ➔ PSP = „Steel-Richardson-Syndrom“ = Progressive Supranukleäre (Blick-)Parese

Früh auftretende Bewegungsstörungen der Hand und „alien limb“ = Gefühl, die Hand oder der Arm gehört nicht zu mir
lassen denken an

▪ ➔ CBD = Corticobasale (kortikobasale) Degeneration

Kombination von
• Gangstörung: breitbeinig, Füße kleben
• Blasenstörungen mit Harninkontinenz
• Denkstörung bis Demenz
lässt denken an

▪ ➔ NPH = Normal pressure hydrocephalus = eine spezielle Form des Hydrozephalus (Erweiterung der Flüssigkeitsräume im Gehirn) – das fällt aber jedem sofort in jedem Computertomogramm oder Kernspintomogramm auf und kann deshalb bei den meisten von uns als ausgeschlossen gelten)
Atypische Parkinson-Symptomatik und nicht-neurologische Begleiterkrankungen oder Grunderkrankungen
▪ Lebererkrankung / – zirrhose plus Augenveränderungen
lässt denken an

▪ ➔ Morbus Wilson = Kupferspeicherkrankheit

Noch mehr Informationen zu den atypischen Parkinson Syndromen findet ihr in dieser Rubrik….

So, Ihr Lieben, das wäre die erste Hälfte des Kapitels. In der zweiten Hälfte will ich die einzelnen atypischen Parkinson-Syndrome kurz charakterisieren.

 

Anatomie des Parkinson Syndroms

Übersicht Alle Parkinson Medikamente

 

Hallo, Ihr Lieben,

 
wenn ich so manche Posts lese, in denen über die Wirksamkeit oder mangelnde Wirksamkeit des einen oder anderen Medikamentes lese, so bekomme ich den Eindruck: ein bisschen System und
Methode wäre hier ganz nützlich. Es geht manchmal arg kreuz und quer und manchmal werden Zitronenfalter mit Nachteulen verglichen.
 
Weiter unten also die wenn ich nichts übersehen habe vollständige und absolut geordnete Darstellung aller Wirkstoffe. Viele dieser Medikamente werden unter ihrem Wirkstoffnamen (generic
name) auch vertrieben. Bei anderen werden extra Kunstnamen geschaffen. Ich hoffe, dass die unten folgende Aufstellung auch alle dieser Kunstnamen enthält, wobei ich die in Österreich und der
Schweiz gebräuchlichen Vertriebsnamen vielleicht nicht alle dabeihabeHeute also habe ich nur die Übersicht geschrieben verbunden mit einer Hausaufgabe:
 
  • Schaut Euch alle Medikamente an, die Ihr einnehmt!
  • Überlegt, in welche Gruppe welches
  • Medikament gehört!
  • Wisst Ihr von nun an bei jedem Medikament, das Ihr einnehmt, in welche Gruppe es gehört?
Also bei jedem Griff zur Tablettenschachtel:
 
Gehirntraining:
 
Wie heißt der Wirkstoff? In welche Gruppe gehört er? Im folgenden gehe ich alle Medikamentengruppen durch, erkläre jeweils denWirkungsmechanismus und den Stellenwert dieser Medikamente.
 
Danach sage ich etwas zum Thema Kombinationen.
 
Eine sinnvolle Parkinsontherapie geht allenfalls ganz am Anfang nur mit einem Medikament. Fast immer muss man ein zweites, ein drittes und ein viertes Medikament dazu kombinieren. Der Sinn ist:
erwünschten Wirkungen sollen sich gegenseitig ergänzen. Dann wirken sie nicht nur additiv, sondern manchmal geradezu multipliziert besser. Und: die Nebenwirkungen der einzelnen Komponenten
sollen sich nach Möglichkeit nicht überlappen.
 
 
So sieht meine Tagesschachtel aus, ein wildes Gemisch?
 
 
Wenn man das sieht, könnte man sich regelrecht vergiftet fühlen. Aber nein, diese bunte Schachtel ist äußerst geordnet, und die Kombination ist sehr sinnvoll.
 
Vielleicht hilft folgender Vergleich: Was man innerhalb eines Tages an Nahrung zu sich nimmt, ist ja auch schön abwechselnd und gut kombiniert. Niemand macht eine „Monotherapie“ nur mit
Kartoffeln und ist davon so viel, bis sie zu den Ohren wieder rauskommen
 
Gleich hier möchte ich noch etwas ganz Wichtiges sagen:
 
Viele sagen oder denken: Meine bisherigen Medikamente wirken nicht mehr sie haben sich verbraucht der Körper hat sich zu sehr daran gewöhnt.  Diese Einschätzung ist so gut wie immer falsch.
 
Die Wirkung der Medikamente verbraucht sich nicht. Aber der Parkinson verschlechtert sich. Und er braucht eine höhere Dosis, ein genaueres Einnahmeschema oder zusätzliche Medikamente. Also NIE NIE NIE Medikamente eigenmächtig ohne ärztliche Kontrolle absetzen!!!!!
 
Übersicht über alle Parkinson-Medikamente:
 
1. Levo-Dopa
 

Levo-Dopa pur und rein und allein gibt es nicht. Aus gutem Grund: Ein körpereigenes Enzym, die so genannte Dopa-Decarboxylase (DDC) würde uns 99 % des Levo-Dopa im Körper kaputt machen. Wir müssten also mehrere Gramm Levo-Dopa pur schlucken, um die Wirkung der heutigen Tablette mit 50 oder 100 mg zu haben. Alle heutigen L-Dopa-Präparate enthalten einen DDS-Hemmer: Benserazid oder Carbidopa im Verhältnis 4 : 1. Die beiden sind gleich gut.

Levo-Dopa + Benserazid
normal Madopar®
Depot Madopar Depot®
schnell löslich Madopar LT®
Levo-Dopa + Carbidopa
normal Nacom®
Depot Nacom retard®
für Pumpentherapie Duodopa®
Mikrotabletten MyFID®
neueste Entwicklung, derzeit nicht auf dem Markt: IPX066 = Rytary™ = Numient®
Levo-Dopa in Dreierkombination
Levo-Dopa + Carbidopa + Entacapon Stalevo®
 
2. Dopaminagonisten = dopaminerge Stoffe:
 

Dopaminagonisten agieren wie Dopamin, haben also die gleichen Wirkungen wie Dopamin, sind aber chemisch etwas anderes. Man könnte sie auch als Dopaminersatzstoffe  bezeichnen.

Apomorphin Apomorphin-Injektionslösung®, Dacepton®
Pramipexol Sifrol retard®, Oprymea®, Mirapexin®, Glepark®
Ropinirol ReQuip®, Adratel®
Rotigotin Neupro®, Leganto®
Piribedil Clarium®, Pronoran®, Trivastal
so genannte ergoline Dopaminagonisten
Neuentwicklungen
 
3. MAO-Hemmer:
 

Die Monoaminooxidase (MAO) ist ein Enzym, das Dopamin in der Synapse abbaut. Wenn man dieses Enzym bremst, dann wirkt das Dopamin länger das eigene wie das, das man über Levo-Dopa zu sich nimmt.

Selegelin
Rasagilin Azilect®, Rasagea®,
 
4. Anticholinergika:
Der Begriff „Anticholinergika“ ist schwer zu erklären, deswegen versuche ich es gleich nicht. Das auch mit Grund: die Medikamente aus dieser Gruppe haben ihre Bedeutung weitestgehend verloren.
 
Biperiden Akineton®
Metixen
Bornaprin u.a. Sormodren®
 
5. NMDA-Antagonisten Glutamat-Antagonisten
 
Das Wort N-Methyl-D-Aspartase NMDA oder auch Glutamat-Agonisten brauchen wir uns nicht zu merken, denn es gibt nur ein Medikament, aus dieser Gruppe, das gut ist:
 
Amantadin. Das andere Budipin spielt fast keine Rolle mehr.
 
Amantadin PK-Merz®, Tregor®
Budipin Parkinsan®
 
6. Safinamid Xadago®

Safinamid ist ein Wirkstoff ähnlich den MAO-Hemmern mit kleineren Zusatzvorteilen.
 

7. COMT-Hemmer:

Die Catechol-O-Methyl-Transferase ist ein Enzym, das das Levo-Dopa vorzeitig an falscher Stelle abbaut. Diese Medikamente tragen also zu längerer Wirkung von Levo-Dopa bei. Der Wirkungsabfall von Levo-Dopa ist später, die Gesamtwirkung von Levo-Dopa gleichmäßiger.

Tolcapon Tasmar®
Entacapon Comtess®
fixe Kombination von Levo-Dopa + Carbidopa + Entacapon Stalevo®
Opicapon Ongentys®
 
8. Neue Medikamente? Neuentwicklungen?
Ich berichte zu gegebener Zeit darüber.

9. Naturheilkunde
 
Da muss ich schon jetzt alle enttäuschen, die auf naturheilkundliche Mittel hoffen. Erstens gibt es nichts, was erwiesen (klinische Studie, Doppelblindversuch o.ä.) wirksam ist.
Zweitens  wird es wohl auch demnächst nichts Neues geben.
 
Einen herzlichen Gruß von
 
Johannes

 

Magen, Darm, Bewegung und Parkinson

Frau Prof. Dr. Brit Mollenhauer zum aktuellen Stand der Forschung:

Im Fokus der Forschung steht das Alpha-Synuclein, dessen pathologische Aggregation in den Nervenzellen durch eine Proteinfehlfaltung als wesentliche Ursache von Parkinson identifiziert ist. Drei Strategien werden dabei untersucht: die Hemmung des Aufbaus, die Förderung des Abbaus und die Verhinderung der Weitergabe die Nachbarzellen, quasi deren Ansteckung.

Neurowerkstatt

Wissenschaftliche Studien zeigen besonders die hohe Wirksamkeit von sportlichem Training auf Krankheitsverlauf und Symptome bei Parkinson, Multiple Sklerose und Polyneuropathie. Obwohl das Wissen über die einzigartige Wirkung von der Polypille Bewegung bei über 75% der Betroffenen bekannt ist, wissen viele nicht wo und wie sie anfangen sollen oder haben Angst etwas falsch zu machen. Hier möchte ich mit der neurowerkstatt unterstützen und begleiten unter Einbeziehung des ganzen Menschen. Was das im Einzelnen bedeutet, darüber möchte ich in dieser Kolumne mit Artikeln, Podcasts oder Videos berichten und zum Mitmachen ermutigen. Dr. Mareike Schwed, Juni 2022