Stammzellentherapie- 

Ein Statusbericht

Eine Bericht von  Jürgen Zender

   

Aktueller Stand der Forschung zu Stammzellenimplantation und Parkinson

Die Stammzelltherapie hat in den letzten Jahren als potenzielle Behandlungsmethode für Parkinson große Aufmerksamkeit erregt. Obwohl sie noch keine Heilung bietet, zeigen die neuesten Studien vielversprechende Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass Stammzellen das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen oder sogar umkehren könnten. Dieser Bericht gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung, laufende Studien und die Herausforderungen sowie ethische Bedenken im Zusammenhang mit der Stammzellenforschung.

Laufende Studien zur Stammzellimplantation

  1. Bemdaneprocel Phase-1-Studie
  • Ort: University of California, Irvine (UCI), USA
  • Ziel: Untersuchung der Sicherheit und Wirksamkeit dopaminproduzierender neuraler Zellen.
  • Ergebnisse: Die Phase-1-Studie zeigte, dass die transplantierten Zellen nach 18 Monaten sicher und gut verträglich waren. Sie überlebten im Gehirn und erhöhten die dopaminerge Aktivität, selbst nachdem die Immunsuppression beendet wurde. Teilnehmer der Studie zeigten Verbesserungen in der motorischen Funktion, wobei diejenigen, die eine höhere Dosis erhielten, größere Fortschritte erzielten. Die Planung für eine Phase-2-Studie ist bereits im Gange​ (UCI Health).
  1. STEM-PD-Studie
  • Ort: Lund University, Schweden
  • Ziel: Transplantation gesunder dopaminproduzierender Neuronen in das Gehirn von Parkinson-Patienten, um die verlorenen Zellen zu ersetzen. 
  • Aktueller Stand: Die Studie hat bisher vier Teilnehmer in Schweden eingeschlossen, die erste Dosis erfolgreich erhalten haben. Die Forscher berichten von positiven Sicherheitsergebnissen und planen nun, mit einer höheren Dosierung bei den nächsten vier Teilnehmern fortzufahren. Die Studie hat auch das Ziel, den klinischen Nutzen und das Überleben der transplantierten Zellen über die Zeit zu bewerten ​(Cure Parkinson’s). 
  1. Andere Forschung zur Stammzelltherapie
  • Fokus: Forscher auf der ganzen Welt erkunden weiterhin verschiedene Arten von Stammzellen, einschließlich pluripotenter und embryonaler Stammzellen, um ihre potenzielle Wirksamkeit bei der Behandlung von Parkinson zu untersuchen
    ​(Parkinson’s ).          

     

Herausforderungen in Phase-2-Studien

Phase-2-Studien stehen vor verschiedenen Herausforderungen, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Stammzelltherapie zu gewährleisten:

  1. Dosierung und Verabreichung: Die optimale Dosierung der Stammzellen muss gefunden werden, um die Symptome wirksam zu lindern und gleichzeitig unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren. Die Präzision der Zellimplantation ist entscheidend, da bestimmte Gehirnregionen gezielt erreicht  werden müssen. 
  2. Langzeitsicherheit: Es ist unklar, wie sich die transplantierten Zellen langfristig verhalten. Eine der Hauptsorgen ist die Möglichkeit, dass sich die Zellen unkontrolliert entwickeln und Tumore bilden könnten. Phase-2-Studien müssen das Überleben und die Integration der Zellen in das Gehirn genau überwachen. 
  3. Bewertung der Wirksamkeit: Die Nachverfolgung der Patienten über einen längeren Zeitraum und die präzise Messung der motorischen Verbesserungen sind entscheidend, um den Erfolg der Therapie zu beurteilen. Es besteht auch eine große Variabilität in der Reaktion der Patienten, was die Interpretation der Daten erschwert. 
  4. Zellüberleben und -integration: Die Forscher müssen sicherstellen, dass die transplantierten Stammzellen im Gehirn überleben und korrekt in die bestehenden neuronalen Netzwerke integriert werden, um die Dopaminproduktion nachhaltig zu verbessern. 
  5. Regulatorische und ethische Aspekte: In einigen Ländern, darunter Deutschland, sind strenge gesetzliche Vorschriften in Bezug auf die Stammzellenforschung eine Herausforderung. Insbesondere die Verwendung embryonaler Stammzellen ist aus ethischen Gründen umstritten.

Ethische Bedenken bei der Stammzellenforschung

Die Forschung an Stammzellen, insbesondere an embryonalen Stammzellen, ist mit zahlreichen ethischen Fragestellungen verbunden:

  1. Verwendung embryonaler Stammzellen: Diese Stammzellen werden aus menschlichen Embryonen gewonnen, was zu ethischen Kontroversen führt. Viele Menschen sehen in der Zerstörung von Embryonen einen moralischen Konflikt, da sie den Embryo als potenzielles menschliches Leben betrachten. Der Zugang zu alternativen Stammzellquellen, wie induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen), mildert einige dieser Bedenken, beseitigt sie jedoch nicht vollständig.
  2. Einwilligung der Spender: Bei der Verwendung von „überschüssigen“ Embryonen aus der In-vitro-Fertilisation (IVF) müssen die Spender eine informierte Einwilligung erteilen. Die Frage, wie und wofür diese Zellen in der Zukunft verwendet werden, kann jedoch schwer verständlich sein. 
  3. Sicherheit und Langzeiteffekte: Die potenziellen Risiken, wie z.B. die Entstehung von Tumoren oder genetischen Abnormalitäten durch Stammzellimplantationen, werfen Fragen zur Sicherheit der Patienten auf. Es ist daher wichtig, eine gründliche Aufklärung der Patienten vor den Eingriffen zu gewährleisten. 
  4. Kommerzialisierung: Die Gefahr der Kommerzialisierung von Stammzelltherapien und die damit verbundene mögliche Ausnutzung von Patienten („Stammzelltourismus“) stellen weitere ethische Herausforderungen dar.
    Risiken der Stammzellenimplantation bei Parkinson
             

    Die Stammzellenimplantation birgt einige Risiken, die im Rahmen der Studien weiterhin erforscht werden. Dazu gehören mögliche Abstoßungen durch das Immunsystem, das Risiko der Tumorbildung sowie genetische Veränderungen der Zellen. Diese Risiken sind in der aktualisierten Tabelle aufgeführt.

Blick nach Deutschland und Japan

In Deutschland gibt es weiterhin wichtige Fortschritte in der Parkinson-Forschung, einschließlich der Stammzellenimplantation. So wurden auf dem Kongress für „Parkinson und Bewegungsstörungen“ in Rostock neueste Forschungsergebnisse und Technologien diskutiert. Dabei stand das Schwerpunktthema „Technologiegestützte Behandlungsstrategien“ im Vordergrund, einschließlich der Zell- und Gentherapie. Experten diskutierten, wie innovative Technologien in der individualisierten Therapie zur Anwendung kommen könnten, darunter auch MRT-gesteuerter fokussierter Ultraschall und biomarkerbasierte Diagnostik. Die „Multidisziplinäre Akademie“ auf dem Kongress bot zudem die Möglichkeit, praktische Erfahrungen und Ansätze zur Verbesserung der Versorgung von Parkinson-Patienten auszutauschen, einschließlich neuer Ansätze bei neuropsychologischen Symptomen und technische Hilfsmittel wie Apps und Robotik in der Therapie (Quelle: Deutsches Gesundheitsportal).

Eine weitere vielversprechende Entwicklung in der klinischen Praxis ist die Studie in Japan, die als erste die Implantation von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) zur Behandlung von Parkinson testet. In diesem Ansatz werden abgestorbene dopaminproduzierende Nervenzellen durch aus iPS-Zellen gewonnene Zellen ersetzt. Forscherinnen und Forscher arbeiten bereits seit Jahrzehnten an diesem Ansatz. In Japan werden die Zellen chirurgisch in das Gehirn injiziert, um den Dopaminverlust zu kompensieren. Parallel dazu gibt es weltweit, unter anderem in den USA und Australien, ähnliche Forschungsprojekte. Die Ergebnisse dieser Studien sollen in den kommenden Jahren den Weg für Phase-II- und Phase-III-Studien ebnen, um die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Methode weiter zu prüfen (Quelle: Stammzellnetzwerk NRW).

Zusammenfassung der Forschung zur Stammzellenimplantation bei Parkinson

Studie Ort Stammzellenquelle Studienphase Ergebnisse Risiken
Bemdaneprocel Phase-1-Studie University of California, Irvine (UCI), USA Pluripotente Stammzellen Phase 1 Dopaminproduzierende Zellen bleiben sicher und verbessern die motorische Funktion; Phase-2-Studie geplant Mögliche Abstoßung durch das Immunsystem, Bildung von Tumoren, Fehlentwicklung der Zellen
STEM-PD-Studie Lund University, Schweden Embryonale Stammzellen Phase I/IIa Positive erste Sicherheitsdaten; Fortschritt zu höheren Dosierungen Langzeitüberleben der Zellen unklar, Risiko unkontrollierter Zellproliferation
Andere Forschung zur Stammzelltherapie Verschiedene Standorte, global Pluripotente und embryonale Stammzellen Präklinisch und klinisch Fortlaufende Forschung zur Wirksamkeit der Stammzellen bei der Symptombehandlung Unvorhergesehene genetische Veränderungen, mögliche Tumorbildung

Fazit

Diese Entwicklungen zeigen, dass die Stammzellforschung und Therapieansätze für Parkinson in Deutschland und weltweit voranschreiten. Während sich in Deutschland derzeit mehr Forschung auf Technologie und multidisziplinäre Versorgung konzentriert, werden in anderen Ländern auch klinische Versuche zur Stammzellimplantation durchgeführt. Diese internationalen Bemühungen tragen dazu bei, dass wir einem möglichen Durchbruch in der Parkinson-Therapie näher kommen.

Jürgen Zender, 27.09.2024

Quellenverzeichnis

  1. UCI Health, „Novel cell therapy continues to show promise for Parkinson’s disease,“ Quelle​ (UCI Health).
  2. Cure Parkinson’s, „STEM-PD, a cell-replacement trial for Parkinson’s, releases latest update,“ Quelle ​(Cure Parkinson’s).
  3. Parkinson’s UK, „Stem cell therapy for Parkinson’s: Are we getting closer?“
    Quelle ​(Parkinson’s UK ).
  4. Lund Stem Cell Center, „Nerve cells could transform the treatment of Parkinson’s,“ Quelle​ (Lund Stem Cell Center).
  5. Lund University, „Swedish Medical Products Agency grants approval for clinical study of new stem cell-based Parkinson’s Disease treatment,

ARTE Dokumentation mit Thorsten Boomhuis (Vorstandsvorsitzender des Parkinson Verbund e. V.) 

Bleib auf dem Laufenden.


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