Schwermut und Angst bei Parkinson

 

Ein Vortrag von Prof. Dr. med. Ceballos-Baumann

 

 Zusammenfassung des Vortrags von Prof. Dr. med. Ceballos-Baumann zum Thema „Depression und  Angst bei Parkinson 


1. Einführung in das Thema

  • Häufigkeit von Depression und Angst bei Parkinson:
    Depressionen und Angststörungen sind bei Parkinson-Patienten weit verbreitet – bis zu 50% sind betroffen. Die Symptome werden jedoch häufig übersehen, da der Fokus oft auf den motorischen Aspekten der Krankheit liegt.

  • Wahl des Vortragstitels:
    Der Titel wurde bewusst gewählt, um das abstrakte Thema greifbarer zu machen. Begriffe wie „Traurigkeit“ oder „Schwermut“ spiegeln die erlebten Emotionen der Patienten besser wider.


2. Depression und Angst: Definition und Symptome

  • Depression:

    • Laut WHO ist Depression eine ernste psychische Störung mit Symptomen wie tiefer Traurigkeit, Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit, Schlaf- und Appetitstörungen, Konzentrationsproblemen sowie Schuldgefühlen oder Suizidgedanken.
    • Psychotische Symptome (z.B. Wahnvorstellungen) können bei schweren Fällen auftreten.
    • Unterschied zwischen Depression und Melancholie: Während Depression eine klinische Erkrankung ist, beschreibt Melancholie eher eine nachdenkliche, traurige Stimmung.
  • Angststörung:

    • Angst ist eine normale Reaktion zur Gefahrenabwehr. Sie wird jedoch pathologisch, wenn sie übermäßig stark oder anhaltend ist und den Alltag einschränkt.
    • Typische Formen: generalisierte Angststörung, Panikattacken und spezifische Phobien (z.B. soziale Phobie, Spinnenphobie).

3. Depression und Angst bei Parkinson

  • Besonderheiten:

    • Emotionale Symptome bei Parkinson sind häufig, werden aber oft nicht diagnostiziert.
    • Im Vergleich zu Depressionen bei Gesunden zeigen Parkinson-Patienten weniger Schuldgefühle oder Selbstvorwürfe, aber häufiger Symptome wie Anhedonie (Freudlosigkeit), Pessimismus und passive Suizidgedanken.
    • Angststörungen sind ebenfalls häufig, z.B. Sorgen um die Krankheitsprogression oder körperliche Symptome wie Verstopfung, die verstärkt Ängste auslösen.
  • Biologische Ursachen:

    • Parkinson führt zu einem Mangel an Dopamin, was nicht nur die Motorik beeinflusst, sondern auch die Stimmung und Emotionen. Dopamin ist wichtig für Belohnungsverhalten, Motivation und Freude.
  • Psychosoziale Faktoren:

    • Die Diagnose Parkinson löst bei vielen Patienten Zukunftsängste und Unsicherheiten aus.
    • Depressionen beeinflussen die Lebensqualität oft stärker als motorische Einschränkungen.

4. Diagnose und Herausforderungen

  • Herausforderungen bei der Diagnose:
    • Psychische Symptome werden oft übersehen, da der Fokus auf motorischen Störungen liegt.
    • Schwankungen im Dopaminspiegel (sogenanntes „Wearing-Off“) können depressive Verstimmungen und Angst verstärken.
    • Nicht alle Depressionen bei Parkinson sind direkt auf die Krankheit zurückzuführen. Es ist wichtig, „offphasen“-abhängige Depressionen von dauerhaften Stimmungstiefs zu unterscheiden.

5. Therapieansätze

  • Medikamentöse Therapie:

    • Levodopa und Dopaminagonisten: Eine optimale Einstellung der Parkinson-Medikation kann helfen, Stimmungsschwankungen zu reduzieren.
    • Antidepressiva:
      • Sertralin und Citalopram werden häufig eingesetzt.
      • Venlafaxin zeigt gute Ergebnisse, insbesondere bei Angststörungen.
      • Trizyklische Antidepressiva (wie Nortriptylin) sind wirksam, haben aber mehr Nebenwirkungen.
    • Tiefe Hirnstimulation (THS): Diese Methode verbessert primär motorische Symptome, kann aber auch emotionale Symptome beeinflussen. Eine zu starke Reduktion der Medikation nach THS kann jedoch Depressionen verstärken.
  • Nicht-medikamentöse Therapie:

    • Psychotherapie:
      • Kognitive Verhaltenstherapie kann helfen, insbesondere bei Ängsten und depressiven Verstimmungen.
      • Achtsamkeitsbasierte Ansätze und Yoga zeigen positive Effekte.
    • Bewegung und Sport:
      • Regelmäßige Bewegung verbessert nicht nur die Motorik, sondern auch die Stimmung.
      • Empfehlenswerte Geräte sind z.B. Fahrradergometer oder Ellipsentrainer.
    • Soziale Kontakte:
      • Der Austausch mit anderen Betroffenen (z.B. in Selbsthilfegruppen) kann entlastend wirken.
      • Angehörige spielen eine wichtige Rolle, müssen aber auch auf ihre eigene Belastung achten.

6. Umgang mit speziellen Symptomen

  • Wirkungsschwankungen („Wearing-Off“):

    • Wenn Depressionen und Ängste hauptsächlich während der Off-Phasen auftreten, sollte die Parkinson-Medikation angepasst werden.
    • Notfallmedikamente wie Apomorphin (als Injektion oder Film) können bei plötzlichen Off-Phasen helfen.
  • Angst und Panikattacken:

    • Spezifische Angstmedikamente können ergänzend eingesetzt werden.
    • Atemtechniken und Entspannungsübungen sind hilfreich.
  • Schlafstörungen und Müdigkeit:

    • Müdigkeit („Fatigue“) ist ein häufiges Symptom bei Parkinson und schwer von Depression zu unterscheiden.
    • Medikamente wie Mirtazapin können den Schlaf verbessern, müssen aber individuell angepasst werden.

7. Tipps für Angehörige

  • Belastung erkennen:
    Angehörige erleben oft eine große emotionale Belastung. Es ist wichtig, auf die eigene psychische Gesundheit zu achten und regelmäßige Pausen einzubauen.

  • Unterstützung bieten:

    • Motivation zu Bewegung und sozialen Aktivitäten.
    • Geduld und Verständnis für Stimmungsschwankungen.

8. Fazit

  • Psychische Symptome bei Parkinson sind häufig, aber behandelbar.

    • Eine Kombination aus medikamentöser Therapie, Bewegung, Psychotherapie und sozialer Unterstützung ist meist am effektivsten.
    • Depressionen und Ängste sollten ernst genommen und aktiv behandelt werden, da sie die Lebensqualität stark beeinflussen können.
  • Aufklärung ist entscheidend:
    Patienten und Angehörige sollten über die möglichen psychischen Begleitsymptome von Parkinson informiert sein, um frühzeitig Unterstützung zu suchen.


Schlusswort:
Prof. Dr. Ceballos-Baumann schloss seinen Vortrag mit dem Appell, Depressionen und Ängste bei Parkinson nicht zu tabuisieren und frühzeitig Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Eine ganzheitliche Therapie kann die Lebensqualität erheblich verbessern.

 

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