Siehe hierzu auch den Beitrag unseres Autors Dr. Becker: Fluktuationen

Um mit diesen Herausforderungen umzugehen, stehen nicht-orale Folgetherapien zur Verfügung:

1. Levodopa-Pumpe: Eine kontinuierliche Infusion von Levodopa und Carbidopa über eine Pumpe in den Dünndarm reduziert die Fluktuationen und sorgt für eine gleichmäßigere Wirkstoffkonzentration im Blut. Dadurch können unerwünschte On-Off-Phasen reduziert und mehr Zeit in guter Beweglichkeit erreicht werden.

2. Apomorphin-Pumpe: Apomorphin ist ein Dopaminagonist, der subkutan über eine Pumpe kontinuierlich verabreicht wird. Diese kontinuierliche Wirkstoffversorgung hilft ebenfalls, Schwankungen zu reduzieren und die ON-Phasen zu verlängern.

3. Tiefe Hirnstimulation (DBS): Bei der DBS werden Elektroden in bestimmte Bereiche des Gehirns implantiert, um elektrische Impulse zu erzeugen. Dies kann Bewegungsstörungen reduzieren und die Notwendigkeit von zusätzlichen Parkinson-Medikamenten verringern.

Das fortgeschrittene Stadium der Parkinson-Krankheit kann anhand verschiedener Kriterien wie ständiger Bedarf an oralem L-Dopa, längere OFF-Phasen oder Beeinträchtigung durch Dyskinesien identifiziert werden. In diesem Stadium sollte eine nicht-orale Folgetherapie in Betracht gezogen werden, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Die neuen Pumpenlösungen von AbbVie (ABBV-951) und NeuroDerm (ND0612) bieten eine innovative Möglichkeit zur Behandlung von Parkinson-Patienten mit motorischen Fluktuationen. Beide Systeme setzen auf die subkutane Verabreichung von Levodopa und Carbidopa zur kontinuierlichen dopaminergen Stimulation.

Die Funktionsweise der neuen Systeme:

1. AbbVie ABBV-951: Dieses System besteht aus Levodopa- und Carbidopa-Prodrugs, die über eine Pumpe kontinuierlich in den subkutanen Raum abgegeben werden. Die Prodrugs werden im Körper in das aktive Levodopa umgewandelt. Die Löslichkeit und Konzentration der Prodrugs wurden optimiert, um die Abgabe geringerer Dosisvolumina über eine kleine Pumpe zu ermöglichen. ABBV-951 soll die Wirksamkeitslücke von oral verabreichtem Levodopa schließen und das therapeutische Fenster verlängern.

2. NeuroDerm ND0612: Dieses System bietet ebenfalls eine kontinuierliche subkutane Infusion von Levodopa und Carbidopa. Es zielt darauf ab, motorische Fluktuationen zu kontrollieren und eine verbesserte ON-Zeit ohne störende Dyskinesien zu ermöglichen.

Die Vorteile der subkutanen Verabreichung liegen in der kontinuierlichen dopaminergen Stimulation. Im Vergleich zu oralen Therapien können Schwankungen in der Wirkstoffkonzentration im Blut minimiert werden, was zu einer verbesserten Symptomkontrolle und einer Verlängerung der ON-Zeit führt. Die subkutane Verabreichung ermöglicht es den Patienten, von einer kontinuierlichen Wirkstoffzufuhr zu profitieren, ohne chirurgische Eingriffe wie bei anderen Therapieoptionen wie der tiefen Hirnstimulation.

Vielversprechende Studienergebnisse:

AbbVie ABBV-951: In einer 12-wöchigen Phase-3-Studie mit 130 Probanden wurde ABBV-951 mit oralem Levodopa-Carbidopa verglichen. Patienten, die ABBV-951 erhielten, zeigten eine Verlängerung der ON-Zeit um 2,7 Stunden im Vergleich zu einer Verbesserung um eine Stunde bei der oralen Kontrollgruppe. Die Verbesserung war bereits nach einer Woche sichtbar und hielt während der gesamten Studie an.

NeuroDerm ND0612: Das System zeigte positive Ergebnisse in einer entscheidenden Studie zur Untersuchung bei Parkinson-Patienten mit motorischen Fluktuationen. Die genauen Studienergebnisse liegen uns leider derzeit noch nicht vor.

Die genauen Unterschiede und die endgültige Markteinführung müssen jedoch noch durch weitere Forschung und regulatorische Entscheidungen bestätigt werden.

Jürgen Zender, im August 2023