Was genau ist LSVT-Loud?
LSVT® steht für Lee Silveman Voice Treatment. Und Lee Silverman war nicht etwa der Arzt, der die Methode entwickelt hat. Lee Silverman war eine Frau, die an Parkinson erkrankt war. Sie hat sich Ende der 80er-Jahr zusammen mit ihren Familienangehörigen bei einer Logopädin vorgestellt. Das Anliegen der Familie war damals sehr klar formuliert: „If we could only hear and understand her“ – Wenn wir sie nur hören und verstehen könnten.
1987 wurde in Scottsdale, Arizona das ‚Lee Silverman Center for Parkinson’s’ gegründet. Hier wurden parkinsonbedingte Kommunikationsstörungen und deren Behandlungsmöglichkeit erstmals gezielt erforscht.
Damit begann eine Reise, die heute zum sogenannten Goldstandard in der Behandlung von Parkinson und atypischen Parkinsonsyndromen geführt hat.
Sehr schnell wurde klar, dass Menschen mit der Diagnose Parkinson definitiv mit einer gesunden Lautstärke sprechen können. Interessanterweise tun sie das aber nicht. Ein erschreckend großer Prozentsatz der Menschen, die an Parkinson erkrankt sind, entwickeln eine Kommunikationsstörung. Diese äußert sich entweder in Stimmproblemen, wie z.B. Heiserkeit, einer monotonen Stimme, einer sehr leisen Stimme, einer belegten Stimme, etc. Es können sich aber auch artikulatorische Probleme entwickeln, die sich in undeutlicherem Sprechen oder z.B. Lispeln oder Nuscheln zeigen. Und genauso häufig fällt auf, dass die Betroffenen selbst die Tragweite ihrer Defizite gar nicht bemerken.
Sehr häufig sind meine Patienten im Aufnahmegespräch davon überzeugt, Ihr(e) Ehepartner(in) braucht ein Hörgerät.
Damit gehe ich zurück zu den Anfängen der Parkinsonforschung in Arizona: Sehr bald deutete alles darauf hin, dass Menschen mit Parkinson in dem Moment, in dem sie mit einer gesunden stimmlichen Lautstärke sprechen, ihre eigene Stimme als viel zu laut empfinden. Die logische Konsequenz ist, dass sie mit weniger Stimmkraft sprechen, sodass sie selbst das Gefühl haben, mit normaler stimmlicher Lautstärke zu sprechen.
Aufgrund dieser bestehenden Wahrnehmungsverschiebung für die eigene stimmliche Lautstärke ist die Stimme, die dann aber tatsächlich ertönt, für das Ohr der Gesprächspartner zu leise.
Hier setzt LSVT® an. Das Lee Silverman Voice Treatment ist ein verhaltenstherapeutischer Ansatz, in dem diese Wahrnehmungsverschiebung überschrieben wird. Das Ziel ist, dass Betroffene erkennen und akzeptieren, wie laut sich die eigene Stimme anfühlen muss, damit sie tatsächlich gesund klingt.
LSVT LOUD® (dt. LSVT LAUT®) trainiert keineswegs eine zu laute Stimme. Das Ziel ist gesunde Stimme in guter Qualität. Aufgrund der parkinsonbedingten Wahrnehmungsverschiebung haben die Betroffenen jedoch das Gefühl, zu laut zu sein. Daher heißt die Methode LSVT LOUD®
Wie stehen Sie als Therapeutin zu LSVT Loud?
Seit 2008 behandle ich Menschen mit Parkinson. Ich habe in diesen Jahren weit über 100 Menschen mit dem Lee Silverman Voice Treatment behandelt.
Zum einen sprechen wir von einer evidenzbasierten Therapiemethode – das heißt, im Rahmen groß angelegter „randomisierter kontrollierter Studien“ wurde nachgewiesen, dass bei korrekter Durchführung eines fest vorgegebenen, aber auf den Patienten / die Patientin zugeschnittenen Programms die Therapie Erfolg haben wird. Zum anderen kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, dass es funktioniert.
Die Therapiemethode ist meiner Erfahrung nach tatsächlich der Goldstandard bei Parkinson.
Erarbeitet und trainiert wird zunächst im Rahmen der Basisübungen eine gesunde stimmliche Lautstärke in guter Qualität. Und diese Stimme wird dann entsprechend des Behandlungsniveaus langsam aber sicher ins spontane Sprechen übertragen.
Wichtig für Sie als Patientinnen und Patienten ist Folgendes:
- Es gibt kein ‚in Anlehnung an LSVT‘ – wenn Sie Erfolg haben wollen, brauchen Sie das vollständige Programm. Sie nehmen auch nicht von Antibiotika, die der Arzt Ihnen verordnet, nur die Hälfte. Das ist übertragbar auf LSVT.
- Nur ein paar der Übungen aus dem Programm durchzuführen, trainiert zwar Ihre Stimmmuskulatur, ändert aber nichts an der Wahrnehmungsverschiebung für die eigene stimmliche Lautstärke. Wenn Sie wollen, dass Ihre Frau / Ihr Mann damit aufhört, „sprich lauter“ zu sagen, dann machen Sie das vollständige und korrekt durchgeführte LSVT LOUD®
- Ein korrekt durchgeführtes Lee Silverman Voice Treatment (gilt für LOUD und BIG) beinhaltet.
- Durchführung von zertifizierten LSVT LOUD®-Therapeuten
- 60min 4x/Woche an 4 aufeinanderfolgenden Tagen
- Durchführung ohne Unterbrechung für 4 Wochen (in Ausnahmefällen 5-6 Wochen)
- Tägliche Hausaufgaben – sowohl Trainingsinhalte als auch Anwendung im Alltag
- Inhalte passen zu Ihnen ganz persönlich – beinhalten Ihre Interessensgebiete
Hilft LSVT Loud auch bei Schluckbeschwerden?
Wussten sie, dass die Muskulatur, mit der wir sprechen und Stimme produzieren exakt dieselbe Muskulatur ist, mit der wir auch schlucken?
Wussten Sie, dass ein erschreckend hoher Prozentsatz der Menschen mit Parkinson eine Schluckstörung entwickelt?
Wenn wir uns vor Augen halten, dass fast alle Menschen mit Parkinson eine kraftlosere Stimme entwickeln, dann ist es gar nicht überraschend, dass dies eine Schluckstörung nach sich zieht.
Aber warum schreibe ich das hier, wo es doch um eine Stimm-/Sprechtherapie geht? Ganz einfach: Nahezu alle Menschen mit Parkinson berichten mir in der Aufnahmesituation, dass sie ‚mehr Speichel im Mund haben‘ oder ‚sich am eigenen Speichel verschlucken‘, oder ‚häufiger beim Essen / Trinken husten müssen‘.
Wenn ich Anzeichen für eine leichte Schluckstörung beobachte, dann biete ich tatsächlich zunächst ‚nur‘ LSVT LOUD® an. Und siehe da, spätestens in Woche 3 der Behandlung haben sich diese leichten Schluckprobleme wieder verbessert. Warum? Weil mit gesünderem Sprechen im Alltag fortlaufend nicht nur die Stimm-/Sprechmuskulatur trainiert wird, sondern eben auch die Muskulatur, mit der wir schlucken.
Was unterscheidet LSVT Loud von anderen Therapieansätzen
In einem Satz: Bei LSVT® gehen die Therapieerfolge nicht auf dem Weg zum Parkplatz verloren.
Um den Unterschied richtig zu verstehen, müssen wir zunächst die Zielsetzung von logopädischer Therapie unter die Lupe nehmen.
Manchmal muss ganz gezielt in einem bestimmten Bereich Muskelmasse aufgebaut werden oder Fehlspannung abgebaut werden. In diesem Fall eignet sich auch bei Parkinson auf jeden Fall die klassische logopädische Therapie 1-2x/Woche plus hochfrequentes Training zu Hause. Ein Beispiel hierfür wären z.B. starke Schluckstörungen. In diesem Fall muss gezielt die Schluckmuskulatur trainiert werden.
Wenn wir allerdings die typische Parkinsonstimme anschauen, nämlich leiseres und unpräziseres Sprechen, dann brauchen wir einen Ansatz, der die Wahrnehmungsverschiebung in den Fokus nimmt und mehr bietet als Atem-, Stimm- und Artikulationstraining. Denn hier zeigen Menschen mit Parkinson zwar im Therapieraum und in der Trainingssituation Verbesserungen, aber sobald die eigentliche Übung vorbei ist, wird ihr Sprechen wieder leiser und unpräziser.
Und hier liegt der Unterschied: LSVT® ist ein verhaltenstherapeutischer Ansatz und zielt ab auf die Korrektur der Wahrnehmungsverschiebung.
Das meinen wir, wenn wir von sogenannter Kalibrierung sprechen. Wir stellen das innere Messinstrument neu ein. Wir trainieren und bombardieren in diesen vier Wochen Behandlung das Nervensystem so intensiv, dass unsere Patientinnen und Patienten es nicht nur am Ende richtig machen können – das Ziel ist, dass sie es nicht mehr falsch machen können. Und wenn im Anschluss die entsprechenden Übungen korrekt weitergeführt werden, dann ist der Erfolg auch von Dauer und die Betroffenen kommen für Jahre ohne regelmäßige Therapiebesuche aus.
Wer verordnet mir LSVT Loud?
LSVT LOUD wird von Neurologen, Internisten, HNO-Ärzten oder Hausärzten verordnet. Bei gesetzlich versicherten Menschen kann wie bei anderen Heilmittelverordnungen das Formular Muster 13 verwendet werden. Privat versicherte Menschen bekommen die Verordnung entweder auch auf dem Muster 13 oder als Privatrezept.
Wenn die Frequenz 4x/Woche verordnet wird und unter Therapieziele ‚LSVT LOUD‘ eingetragen wird, dann ist für den Kostenträger nachvollziehbar, was verordnet wurde. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Mensch mit der Diagnose Parkinson die LSVT LOUD®-Behandlung nicht gezahlt bekommen hätte.
Szene aus einer Videotherapie Sitzung
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