Die Erforschung von Dopamin,
Serotonin und sozialem Verhalten

Ein Beitrag von Jürgen Zender

   

Die Erforschung von Dopamin, Serotonin und sozialem Verhalten während tiefer Hirnstimulation bei Parkinson-Patienten.

Die Botenstoffe Dopamin und Serotonin im Gehirn beeinflussen maßgeblich unser Sozialverhalten, wie neue Forschungsergebnisse zeigen. Erstmals wurde ihr Zusammenspiel direkt beobachtet, dank der Teilnahme von vier Parkinson-Patienten an einem Experiment während einer Hirnoperation. Die Resultate offenbaren einen neurochemischen Mechanismus, der unsere Tendenz erklärt, Entscheidungen im sozialen Kontext zu treffen. Zusätzlich könnte diese Technik langfristig dazu beitragen, Veränderungen in der Hirnchemie im Zusammenhang mit der Parkinson-Krankheit besser zu verstehen.

Ein klassisches Experiment der Verhaltenspsychologie diente als Grundlage: Eine Person soll 20 Dollar zwischen sich und einer anderen Person aufteilen. Nimmt die andere Person das vorgeschlagene Angebot an, erhalten beide den jeweils vereinbarten Betrag. Lehnt die andere Person ab, gehen beide leer aus. Ökonomisch betrachtet wäre es für die zweite Person vorteilhaft, jedes Angebot anzunehmen, selbst wenn es nur ein Dollar ist. Allerdings zeigen die meisten Menschen die Tendenz, ungerechte Angebote abzulehnen und so ihr Gegenüber für das als unverschämt empfundene Angebot zu bestrafen. Doch was genau geschieht im Gehirn während solcher Entscheidungsprozesse?

Um diese Frage zu beantworten, wandte sich ein Team um Seth Batten von der Virginia Tech einer ungewöhnlichen Methode zu. Vier Parkinson-Patienten, die sich im Wachzustand einer Hirnoperation unterzogen, wurden gebeten, währenddessen am Ultimatumspiel teilzunehmen. Die Operation erfolgte zur Implantation von Elektroden zur tiefen Hirnstimulation und zur Linderung der Krankheitssymptome. Die Forscher führten zusätzlich eine Elektrode in das offene Gehirn ein, um das Verhältnis der Hirnbotenstoffe Dopamin und Serotonin zu messen, während die Probanden Entscheidungen im Ultimatumspiel trafen.

Die Messungen der Hirnbotenstoffe enthüllten einen biologischen Mechanismus, der erklärt, warum Menschen soziale Kontexte in ihre Entscheidungen einbeziehen. Der Dopaminspiegel reagiert auf die Fairness des Angebots, während der Serotoninspiegel auf den absoluten Wert des Angebots reagiert. Interessanterweise ist der Dopaminspiegel höher, wenn Menschen mit anderen Menschen interagieren als mit einem Computer. Diese Erkenntnisse könnten nicht nur das Verhalten im Ultimatumspiel erklären, sondern auch einen Beitrag zur Erforschung der Parkinson-Krankheit leisten.

Eines der grundlegenden Merkmale der Parkinson-Krankheit ist der Verlust von Dopamin produzierenden Nervenzellen im Hirnstamm. Obwohl sich die aktuelle Studie nicht auf den Hirnstamm bezog, könnten weitere Forschungen die veränderten Interaktionen von Dopamin und Serotonin bei Parkinson besser verstehen lassen. Die Ergebnisse sind ein erster Schritt, um die Dynamik dieser Neurotransmitter mit den Krankheitssymptomen zu verknüpfen und möglicherweise klinische Aussagen zur Parkinson-Pathologie zu ermöglichen.

Zusammenfassung

Punkt Zusammenfassung
Rolle von Dopamin und Serotonin im Gehirn Einfluss auf soziale Entscheidungen; Dopaminspiegel variiert abhängig von der wahrgenommenen Fairness; Serotoninspiegel reagiert auf den absoluten Wert des Angebots.
Tiefe Hirnstimulation und Ultimatumspiel Parkinson-Patienten in Hirnoperation; Elektroden für tiefe Hirnstimulation; Messung von Dopamin und Serotonin während Ultimatumspiel.
Ablauf der Studie Implantation von Elektroden während Hirnoperation; Zusätzliche Elektrode für Messung der Hirnbotenstoffe; Informationen über Spielgegner beeinflussen Entscheidungen.
Ergebnisse der Studie Biologischer Mechanismus für Einbeziehung sozialer Kontexte in Entscheidungen; Dopamin und Serotonin reagieren unterschiedlich auf Angebote im Ultimatumspiel.
Vorteile für die Parkinson-Forschung Potenzielle Einblicke in veränderte Interaktionen von Dopamin und Serotonin bei Parkinson; Möglichkeit, Wechselwirkungen mit Krankheitssymptomen zu verstehen.

Quelle:  Seth Batten (Virginia Tech) et al., Nature Human Behaviour, doi: 10.1038/s41562-024-01831-w

Jürgen Zender, München im März 2024

 

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