Foto Greta Martensen

   

Fäuste gegen Parkinson

Jürgen Zender, Juli 2022

   

 

Was ist nur aus der guten alten Reha geworden? Allerorten wird Tischtennis gespielt, Workouts veranstaltet, mit Smovey Ringen trainiert, Yoga praktiziert, mit Tai Chi  der Tag begonnen…

Und jetzt auch noch Boxen. Muss das denn wirklich sein?

Um es gleich vorwegzunehmen, dies wird keine Polemik gegen den Reha-Sport sein – Er ist wichtig und ganz nah am Patienten, mit seinen individuellen Bedürfnissen und Nöten.

Gleichwohl wird es ein Plädoyer für das Boxen werden.

Der sportliche Teil meiner Jugend war geprägt von Tischtennis spielen und von Karate, das ich 4 Jahre lang sehr intensiv betrieben hatte. Es war nicht die Wettkampfform Mann gegen Mann bzw. Frau gegen Frau, sondern die sogenannte Kata, einer Art choreographierten Schattenboxens.

Und nun, 40 Jahre später, spielen Tischtennis und Kampfsport wieder eine wichtige Rolle in meinem Leben. Diesmal wird es allerdings nicht Karate sein, sondern boxen, das in seinen Trainingseinheiten der Kata des Karate doch sehr nahe kommt.

Noch ist es nicht soweit, denn es gibt in München derzeit keine Gelegenheit für an  Parkinson erkrankte Boxen zu trainieren, Aber auch das wird sich in naher Zukunft ändern, denn ich stehe in engem Kontakt zu Nick Trachte dem Leiter des BoxWerks in München, der aufgrund einer Erkrankung im Familienkreis bestens mit dem Thema Parkinson vertraut ist.

Woanders sind wir da schon weiter, denn die Hamburger Profiboxerin Dilar Kisikyiol, Dritte der WBA Weltrangliste in ihrer Gewichtsklasse, leitet eine Gruppe von 11 Frauen die an Parkinson erkrankt sind und Boxtraining bei ihr absolvieren.

Skeptiker legen bei der Verbindung von Parkinson und Boxen gleich Widerspruch ein und erinnern an das Schicksal von Muhammad Ali, bei dem man jahrelang unterstellt hat, seine Parkinson Erkrankung käme vom Boxen. Dieser Zusammenhang wurde nie bewiesen, wird aber dennoch gebetsmühlenartig wiederholt.

Aber dennoch, warum gerade boxen? Dilar antwortet daraufhin sehr überzeugend: „Es geht um Kraft und Beweglichkeit, um Arm- und Beinkoordination, um Reaktionsvermögen. Mit Boxen können wir diese Fähigkeiten beleben.

Der Unfallchirurg und Sportmediziner Professor Walter Wagner bestätigt dies: “Beim Box-Training können Parkinson Patienten gezielt Koordination, Schnellkraft, Ausdauer und Kondition trainieren.

Das hilft ihnen, die Herausforderungen der Krankheit anzunehmen. Und warum nicht Laufen, Radfahren oder Schwimmen. Dazu meint Professor Wagner:“Boxen ist die  wohl Universellste aller Sportarten.“

Dabei geht es nur um das Training , um das oben schon zitierte Schattenboxen, Schläge am Boxsack, es geht nie um Kämpfe gegeneinander. Und die Frauen in Dilars Gruppe, 43 – 72 Jahre alt, sind sehr  angetan von den Übungen. So meint die 71 Jahre alte Ute Stender-Killguss: „ Das sind andere Bewegungsabläufe, viel anspruchsvoller als Krankengymnastik und Rehasport. Es macht mir Spaß, Kraft in Übungen reinzulegen, ich merke, es bringt mir körperlich viel mehr. Wenn ich nach dem Boxtraining nach Hause gehe, denke ich: Mensch du bist doch kerngesund.

Jürgen Zender, 11.08.2022

Fotografie Greta Martensen

Alle Beiträge zum Thema Sport und Bewegung

Bleib auf dem Laufenden.


0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Möchtest du den Artikel kommentieren oder etwas hinzufügen?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

PHP Code Snippets Powered By : XYZScripts.com