Titelbild Parkinson Journal

Das Leben geht an mir vorbei

Bei mir wurde vor 3 Jahren M. Parkinson festgestellt. Ich bin jetzt 66 Jahre alt und fühle mich wie aus meinem normalen Leben heraus gerissen. An manchen Tagen bin ich verzweifelt, wenn ich an die Zukunft denke. Zittern habe ich nur morgens in der linken Hand, sonst tagsüber nicht. Aber ich bin gehbehindert, denn der linke Fuß kann weniger Last aufnehmen und bewegt sich ungelenk. Vielleicht kommt das von Parkinson oder von einem Schlaganfall, den ich zur selben Zeit hatte als man Parkinson feststellte. Das konnte mir bisher kein Arzt sagen.

Nach Meinung von Freunden (Welche Freunde? Eigentlich habe ich keine mehr, denn ich bin für das normale Leben nicht mehr so kompatibel) und Familie ging es mir doch gut. Aber keiner kann ermessen wie es ist sein Leben zu verlieren. Ich bin viel geritten, hatte mehrere Pferde, ein großes Haus mit Pferdestall dabei. Jetzt habe ich das Haus verkauft an meine Tochter, meinen sehr lieben Vollblutaraberhengst verschenkt und meine Stute soll ich nicht reiten, da zu temperamentvoll. Und wohne allein in einer kleinen Wohnung. Ja, wirklich allein.

An manchen Tagen möchte ich das ändern, an anderen Tagen möchte ich mit niemand reden.
Ich habe Angst, mich meinen Töchtern aufzudrängen, sie sollen ihr Leben leben. Beide Töchter haben im letzten Jahr Babys bekommen. Dies ist schön, aber ich fühle mich wieder nur außen vor. Ich kann keine Babys hoch heben, nicht tragen, sondern sitze bei den Kleinen und versuche mit ihnen zu spielen. Ja, sie kennen mich und lachen mich an. Das tut gut.

Fazit für mich: Das Leben geht an mir vorbei, egal was ich unternehme.

Vielleicht will ich zu viel und ich kann mein altes Leben nicht zurück bekommen. Das weiß ich, aber wie soll ich im Kopf meine Einstellung ändern? Um zufriedener zu werden.

Zur Zeit ist auch die Beweglichkeit schlechter geworden, trotz 3x wöchentlich. Gymnastik und der Termin beim Neurologen dauert noch einige Wochen.

Zufriedenheit und Gelassenheit fürs Leben wäre mein Wunsch.

Es ist jetzt ein halbes Jahr ins Land gegangen und bei mir hat sich einiges geändert.

Nicht meine Lebenssituation, die ist gleich geblieben, aber durch verschiedene neurologische Untersuchungen wie „DatScan“ wurde festgestellt, ich habe keinen M. Parkinson!

Erstmal toll, super, mir bleibt das Fortschreiten der Erkrankung erspart, meint mein Neurologe. Der Schlaganfall, den ich hatte, hat ausgerechnet das Zentrum der Dopaminproduktion getroffen. Ich habe also ein arterielles Parkinson-Syndrom und brauche darum mein restliches Leben lang Dopamin.

So hat das Kind einen neuen Namen bekommen. Einerseits bin ich erleichtert, kann es noch gar nicht ganz glauben. Andererseits hat mir dies neuen Schwung in der Bewegung gegeben und ich versuche möglichst viel ohne Stock zu laufen, also frei ohne Hilfe.

Es wird doch immer gesagt, das Gehirn kann neue Wege nach einem Schlaganfall entwickeln, oder?

Die Angst vor dem weiteren Leben und die Einsamkeit bleiben trotzdem.

Erika